WERNERS BLOG

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  Zeichnung: Wilhelm Busch


Dienstag,
31. Dezember 2019
Zum letzten Tag des Jahres (hier im Schwarzwald ein sonniger kalter Tag mit glitzerndem Raureif) ein Gedicht von Hilde Domin:



WINTER

Die Vögel, schwarze Früchte
in den kahlen Ästen.
Die Bäume spielen Verstecken mit mir,
ich gehe wie unter Leuten
die ihre Gedanken verbergen
und bitte die dunklen Zweige
um ihre Namen.

Ich glaube, dass sie blühen werden
– innen ist grün –
dass du mich liebst
und es verschweigst.


Das Gedicht ist dem Band des S.-Fischer-Verlags entnommen:
Hilde Domin, Sämtliche Gedichte, ISBN 978-3-10-015341-8
 
Ein Neues Jahr voll Glück und Gesundheit wünsche ich allen meinen Lesern und Leserinnen
   
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Mittwoch,
25. Dezember 2019
Noch einmal: Frohe Weihnachten. Dass die Situation in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln, insbesondere auf Lesbos, katastrophal ist, sollte sich allmählich herumgesprochen haben. 40.000 Menschen leben dort in Lagern, die Platz für 7.500 bieten. Und das seit Monaten. Griechenland scheint überfordert zu sein, die "Partner"-Länder der Europäischen Union sehen sich ebenfalls nicht in der Lage, an den Zuständen etwas zu ändern.

Der Vorsitzende der Grünen, Robert Habeck, hat vorgeschlagen, 4.000 Kinder aus diesen Lagern nach Deutschland zu holen ( siehe Dlf vom 23.12.). "Die Lage dort spottet jeder Beschreibung", so Habeck, "die Zelte sind nass, Hunderte von Menschen teilen sich eine Toilette, wir hören Berichte von den Kindern, dass sie suizidgefährdet sind, dass sie traumatisiert sind. " Diese Kinder aus den unhaltbaren Zuständen herauszuholen, ihnen einen Platz mit Zukunftsperspektive zu bieten, wäre ein sinnvoller, menschlicher Vorschlag. Könnte man meinen. Sofern man ein Herz im Leib hat.

Der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries warnt: "Wir dürfen unter keinen Umständen zulassen, dass erneut Fehlanreize geschaffen werden, die neue Migrationswellen nach Deutschland auslösen!" (siehe )

"Was ist denn mit den Kindern in türkischen, jordanischen oder libyschen Lagern?", fragt FDP-Vize Wolfgang Kubicki.

"Wir dürfen die anderen EU-Länder nicht aus ihrer Verantwortung entlassen", ist der Kommentar von Stefan Meyer, CSU-Staatssekretär im Innenministerium.

Alexander Mitsch, Vorsitzender der "Werteunion" (deren Leitbild neben den Grundsatzpositionen der CDU/CSU das christliche Menschenbild ist, siehe das Manifest dieser Gruppierung), ist der Meinung, Robert Habeck sei mit seinem Vorschlag eine "PR-Aktion ganz gut gelungen" (siehe ), wozu man ihn beglückwünschen könne.

Mindestens drei der genannten Herren sind Familienväter, ein- bis dreimal verheiratet. Man darf annehmen, dass sie mit ihren Kindern an Weihnachten vor dem geschmückten Christbaum gestanden sind und, bevor es ans Auspacken der Geschenke ging, Weihnachtslieder gesungen haben. Zum Beispiel: Ihr Kinderlein kommet, o kommet doch all.

Was mögen diese Männer sehen, wenn sie in den Spiegel schauen?


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Samstag,
21. Dezember 2019
Erste Sätze (29)


Erich Kästner, Der Gang vor die Hunde (1931)

Fabian saß in einem Café namens Spalteholz und las die Schlagzeilen der Abendblätter: Englisches Luftschiff explodiert über Beauvais, Strychnin lagert neben Linsen, Neunjähriges Mädchen aus dem Fenster gesprungen, Abermals erfolglose Ministerpräsidentenwahl, Der Mord im Lainzer Tiergarten, Skandal im Städtischen Beschaffungsamt, Die künstliche Stimme in der Westentasche, Ruhrkohlenabsatz lässt nach, Die Geschenke für Reichsbahndirektor Neumann, Elefanten auf dem Bürgersteig, Nervosität an den Kaffeemärkten, Skandal um Clara Bow, Bevorstehender Streik von 140.000 Metallarbeitern, Verbrecherdrama in Chikago, Verhandlungen in Moskau über das Holzdumping, Starhembergjäger rebellieren. Das tägliche Pensum. Nichts Besonderes.

"Der Gang vor die Hunde" (Zürich 2013) ist die rekonstruierte Urfassung von Erich Kästners Roman "Fabian" (Stuttgart-Berlin, 1931). Schon vor etwa einem Jahr hatte ich hier einen Ausschnitt vorgestellt .
     
 
 
Weihnachten rückt näher, wie jedes Jahr plötzlich und unerwartet. Allen, die meinen Blog lesen, wünsche ich das, was sie sich selber wünschen, je nach Temperament und Stimmung:
Festesfreuden oder Ruhe, Bescheidenheit oder Üppiges.

FROHE WEIHNACHTEN
   
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Montag,
9. Dezember 2019
Die alten Tagebücher (48)

20. Oktober 1980

Das Leben im Häuschen im Moor muss erst geübt werden.
(...)

Rückzug ins Haus. Die Küche (immer weiterer Ausbauzustand) ist immer noch mein Mittelpunkt. Nicht anders zu erwarten: ich bin immer noch ein Ein-Raum-Mensch, nach 6½ Jahren Georgenstraße* und 1½ Jahren Bardou + Reisen. Es ist für mich auch noch immer ein unerhörter Luxus, mehrere Räume, ja ein ganzes Haus – wenn auch nur ein winziges – zur Verfügung zu haben. Den Wohnraum zu wechseln – als bewusster Akt – ist ein Erlebnis. "Mein" Zimmer – bis jetzt noch hauptsächlich gemeinsames Schlafzimmer – ist folgerichtig bis jetzt auch noch sehr vernachlässigt. Außer dem Bett fehlt noch so gut wie alles.

Auch der halbe Hektar ums Haus, den wir ja mitgemietet haben, ist noch fremde Außenwelt. Wir gehen vom Auto, wenn wir's glücklich bis vors Tor gebracht haben, direkt ins Haus rein, das Drumrum ist noch kein Zuhause. Allerdings sind die Jahreszeit und das schlechte Wetter auch etwas an diesem Zustand schuld. (...)
_________

* Mein Zimmer in der Münchner Maxvorstadt vor unserer Reise
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  Manche Nachrichten, die man eher am Rande registriert, können doch ein Licht auf die Absurdität des modernen (urbanen) Lebens werfen. Zum Beispiel streikt seit einigen Tagen ganz Frankreich (und ein Streik in Frankreich ist ein richtiger Streik!), und was die Auswirkungen betrifft, heißt es da unter der Überschrift Verkehrschaos im Großraum Paris in den heutigen Nachrichten des Dlf:

Es gab Staus mit einer Gesamtlänge von 600 Kilometern, wie der Verkehrsdienst Sytadin mitteilte. Dies sei doppelt so viel wie üblich.

Mit anderen Worten: 300 Kilometer Stau nehmen die Menschen in Paris jeden Tag ungerührt hin, das verdient dann noch nicht einmal den Namen "Verkehrschaos".

Leute – wo leben wir denn! (Zum Glück nicht in Paris, könnte man sagen – aber rund um die deutschen Städte ist es nicht besser.)
   
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Freitag,
29. November 2019
Fridays for Future: Der vierte weltweite Prostesttag gegen die Untätigkeit der Regierungen in Bezug auf die Erderwärmung. Auch wieder Klima-Streik und -Demo in Freiburg. Das Wetter war eher bescheiden, die Teilnehmerzahl erreichte schätzungsweise die Hälfte der großen Demonstration vom 20. September.



 
 
      Und das noch zum Schluss auf dem Heimweg entdeckt:
 
  Was da wohl für ein Körperteil gemeint sein könnte?
 

Außerdem zum Thema: In zehn Bundesländern sind die Grünen mit an der Regierung beteiligt. Aber sie sind zu schwach, wie der heutige Tag gezeigt hat: Heute hat der Bundesrat über das "Klimapäckchen" abgestimmt, und was kam heraus: Punkte, bei denen die Länder selber einen Beitrag leisten müssten wie etwa die Verbilligung der Bahntickets oder bestimmte Abschreibungsmöglichkeiten müssen noch einmal neu verhandelt werden. Dagegen, man glaubt es nicht, bleiben die lächerlichen und nutzlosen zehn € Steuer pro Tonne CO2 unangetastet. Im Dlf gab es heute dafür einen deutlichen Kommentar: haarsträubend, kleinkrämerisch – diese Regierung habe mehr Angst vor dem Klimaschutz als vor der Klimakatastrophe.
   
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Donnerstag,
28. November 2019
Das wollte ich immer schon einmal machen: eine Einblatt-Blüte (Spathiphyllum wallisii) bei der Entwicklung beobachten (das heißt: beobachtet habe ich die schönen anspruchslosen Pflanzen mit den einsamen weißen Blüten immer schon gerne, aber die Blütenentwicklung aufzeichnen: dazu hat mir immer die Geduld gefehlt. Bis jetzt.

 
1. November. An einem Blattstiel zeigt sich eine Verdickung; Weiß schimmert durch 2. November 3. November. Das Weiße streckt sich
in seiner Hülle 4. November. Die Hülle öffnet
sich leicht
an der Spitze ...
1. November

An einem Blattstiel
zeigt sich eine
Verdickung; Weiß
schimmert durch
2. November 3. November

Das Weiße streckt sich
in seiner Hülle
4. November

Die Hülle öffnet
sich leicht
an der Spitze ...
   
 
5. November ... und das weiße zusammengefaltete Hochblatt (die Spatha) zeigt sich
vorsichtig 6. November. Im Hochblatt drückt sich die Struktur des Blütenkolbens ab 7. November 8. November. Das Hochblatt streckt sich immer mehr ...
5. November

... und das weiße
zusammengefaltete
Hochblatt (die Spatha)
zeigt sich vorsichtig
6. November

Im Hochblatt drückt
sich die Struktur
des Blütenkolbens ab
7. November 8. November

Das Hochblatt streckt
sich immer mehr ...
   
 
9. November ... bleibt aber noch lange Zeit geschlossen 10. November 11. November 12. November
9. November

... bleibt aber noch
lange Zeit geschlossen
10. November 11. November 12. November
   
 
13. November. Der Stiel des Hochblatts wächst derweil unaufhaltsam in die Höhe 14. November 16. November 17. November
13. November

Der Stiel des Hochblatts
wächst derweil
unaufhaltsam in die Höhe
14. November 16. November 17. November
   
 
18. November. Jetzt hat das Hochblatt fast die Höhe der höchsten Blätter erreicht 19. November 20. November 21. November. Das Hochblatt beginnt sich aufzufalten
18. November

Jetzt hat das Hochblatt
fast die Höhe der
höchsten Blätter erreicht
19. November 20. November 21. November

Das Hochblatt beginnt
sich aufzufalten
   
 
22. November 23. November. Leider dreht mir die Blüte die ganze Zeit den Rücken zu 24. November 25. November. Das Hochblatt hat sich
geöffnet ...
22. November 23. November

Leider dreht
mir die Blüte
die ganze Zeit
den Rücken zu
24. November 25. November

Das Hochblatt
hat sich geöffnet ...
   
 
26. November 27. November ... und ganz ausgebreitet 27. November. Höchste Zeit, den Topf zu drehen! 27. November
26. November 27. November

... und ganz ausgebreitet
27. November

Höchste Zeit,
den Topf zu drehen!
27. November
   
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Samstag,
23. November 2019
In der Türkei wird ein sogenannter Kooperationsanwalt der deutschen Botschaft verhaftet. Es gebe Vermutungen, heißt es, dass er sensible Daten von Menschen bei sich hatte, die in Deutschland Asyl beantragt haben, und dass diese Daten nun in türkischer Hand seien (siehe ).

Der deutsche Außenminister Heiko Maas nennt die Verhaftung des Anwalts, der im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BaMF) in Ankara die Geschichten von türkischen Asyl-Antragstellern recherchiert hat, "nicht nachvollziehbar". Diese Aussage ist in ihrer Naivität schon empörend. Wie blind und ahnungslos muss man denn sein, um nicht zu sehen, dass die Akten, die der Anwalt bearbeitet, ein gefundenes Fressen für die türkischen Behörden sind? Nirgendwo kriegt der Geheimdienst doch bessere Informationen über diejenigen, die man in der Türkei Staatsfeinde und Terroristen nennt, als bei einem Anwalt, der sich intensiv in deren persönliche Hintergründe eingearbeitet hat. Ein Vorwand für eine Festnahme findet sich im Handumdrehen in einem Land, in dem weder Polizei noch Justiz unabhäng sind. Vertraut Deutschland am Ende der türkischen Regierung noch? Das wäre dann wirklich nicht mehr nachvollziehbar.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl nennt die Dinge beim Namen, heißt die Türkei einen Verfolgerstaat, und die Verhaftung den "größten anzunehmenden Unfall" (siehe ). Die betreffenden Asyl-Antragsteller befinden sich nun in höchster Gefahr, auch hier in Deutschland. Man kann nur hoffen, dass der Anwalt auf diesen Fall gut vorbereitet war (falls möglich).



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Donnerstag,
21. November 2019
Der (geschäftsführende) israelische Ministerpräsident Bibi Netanjahu spricht von einem Putsch gegen ihn, so wie Donald Trump immer von einer Hexenjagd spricht, die man gegen ihn veranstalte. Was ist bloß los, was tut man den honorigen Herrn da an? Und wer sind die Bösewichter, die den demokratisch gewählten Staatenlenkern übel wollen?

Im Fall Trump handelt es sich um den Kongress der Vereinigten Staaten, einem Organ der amerikanischen Verfassung von 1789, bei Netanjahu ist es der Generalstaatsanwalt des Landes, ernannt von der Regierung. Hexenjäger? Putschisten? Das Impeachment (Amtsenthebungsverfahren) gegen Trump (siehe ) und die Anklage wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit gegen Netanjahu (siehe ) lassen hoffen, dass die demokratischen Institutionen in beiden Ländern noch funktioneren, diese also noch nicht vollständig zur Beute ihrer Regierungschefs geworden und die Staaten zu Bananenrepubliken verkommen sind.



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Freitag,
15. November 2019
Den Wirtschaftsnachrichten des DLF entnehme ich heute, dass es einen kuriosen Streit zwischen der EU und Kolumbien gibt: den Frittenstreit. Das südamerikanische Land erhebt seit einem Jahr Sonderzölle von 3 bis 8 Prozent auf die Einfuhr tiefgefrorener Pommes aus Europa. Die (nachvollziehbare) Begründung: diese Importe würden subventioniert und den Schaden hätten die heimischen Kartoffelbauern. Von Seiten der EU argumentiert man mit dem üblichen Argument: durch diese Zölle würden hier Jobs und die Industrie gefährdet.

Mir fallen dazu zwei Dinge ein:

1.) Pommes sind angesichts der weltweit zunehmenden Übergewichtigkeit der Menschen sowieso ein Gesundheitsrisiko, das man – wie das Rauchen – weder subventionieren noch irgendwohin exportieren sollte.

2.) Die Kartoffel stammt aus Südamerika – wieso braucht es dort überhaupt europäische Kartoffelprodukte? Ich halte den globalen Handel mit Agrargütern grundsätzlich für eine fragwürdige Angelegenheit. Der dadurch entstehende Zwang zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist der Landwirtschaft zutiefst wesensfremd. Hier wären lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken, und zwar überall auf der Welt. In der Globalisierung der Landwirtschaft liegt (neben der hier verbreiteten Billighuberei) das eigentliche existenzielle Risiko für die Bauern. Auf allen Kontinenten.

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Mittwoch,
6. November 2019
Zwei Beobachtungen vor meiner Tür:

1) Auf der Terrasse meint der Rosmarin im Blumentopf (noch ein Gruß aus Bardou) jetzt im gräuslich kalten und nassen November blühen zu müssen.

2) In diesem Herbst haben die Vögel aus den Sonnenblumen sämtliche Kerne schon vor drei Wochen restlos zusammengefressen, sich nichts für den Winter aufgespart (wie es im letzten Jahr der Fall war).

Was dürfen wir daraus schließen? Dass uns ein überaus milder Winter bevorsteht, in dem Rosmarin blühen darf und kein Vogel gefüttert werden muss?

Warten wir's ab (wir prüfen's im Februar).

 
Rosmarinblüte im November Reife Sonnenblumen (inzwischen leergefressen)
Rosmarinblüte im November Reife Sonnenblumen (inzwischen leergefressen)
   
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Donnerstag,
31. Oktober 2019
Die alten Tagebücher (47)

2. Oktober 1980

Bevor der Monat zu Ende geht, noch ein kurzer Ausschnitt aus den alten Tagebüchern. Das Häuschen im Moor, in das wir uns verliebt hatten und das für die kommenden sechs Jahre unsere schöne (und schwierige) Heimat werden sollte, stellt uns handwerkliche Aufgaben vielfältiger Art. Ich war in dieser Hinsicht immer Laie (bin's immer noch), aber es heißt ja, Schwierigkeiten seien dazu da, um überwunden zu werden.
Vier Stunden gemäht, etwas Holz gemacht, dann in der Küche gewerkelt. Die Arbeit verbindet mich mit dem Haus. In der Küche völlig verfaulte Fußbodenbretter entdeckt, darum das "Loch" beim Drübergehen. Werde morgen neue Bretter einsetzen. Die alten sind so morsch, dass ich sie mit dem Messer schneiden kann, das ist gut so, denn ich habe keine Stichsäge. (...)
In diesem Stil geht es die nächsten Einträge weiter. Hier noch ein Ausschnitt vom 11. Oktober:
(...) Beschäftigt mit Holzmachen, Schuppen-Aufräumen, Sensen, überhaupt Rumräumen, damit's gemütlich wird.

Viele kleine Probleme: dem Küchentisch müssen neue Füße gemacht werden, wir brauchen eine Waschmaschine, eine Dusche etc., wo kriegen wir z.B. Hühner her, wo Stroh, Kalk, Kohlen, wo Ziegen?*

Abbeizversuche am kleinen Fenster zwischen Küche und Vorraum. Viel Arbeit, Erfolg naja.
_________

* Aus den Ziegen wurden dann Schafe. Wenn man weiß (wir wussten's damals nicht), wie leicht und gern Ziegen aus ihrem Gehege ausbrechen, muss man sagen, dass das sicher eine gute Entscheidung war.
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Dienstag,
29. Oktober 2019
Im britischen Parlament, dem Unterhaus, ringt man seit Monaten bzw. Jahren um den Brexit: wann, wie oder ob er überhaupt stattfinden soll. Zwei Premierminister ( David Cameron und Theresa May) sind dabei schon auf der Strecke geblieben, der dritte, Boris Johnson, wird mit Sicherheit ebenfalls bald seinen Hut nehmen müssen, wenn man sich das Affentheater, das er und das britische Parlament derzeit aufführen, anschaut. Siehe auch mein Eintrag vom 8. September 2019

Apropos Affentheater: Passend zu den Vorgängen im Londoner Unterhaus wurde beim Londoner Auktionshaus Sotheby's vor drei Wochen ein Gemälde für den sagenhaften Preis von 9,9 Millionen Pfund (ca. 11,1 Millionen Euro) an einen unbekannten Käufer versteigert: das Devolved Parliament113 betitelte Bild des Malers Banksy (dessen wahre Identität ebenfalls nicht bekannt ist) zeigt das Unterhaus und seine Mitglieder beim Regieren. Ein genauer Blick auf das Bild erheitert den Beobachter britischer Politik.



Banksy: Devolved Parliament
      Banksy: Devolved Parliament
(Quelle: dazeddigital.com)
     

113 Devolved bedeutet soviel wie an eine niederere Instanz delegiert.
Devolution ließe sich auch als Gegenbewegung zu Evolution verstehen
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Sonntag,
27. Oktober 2019
Ich will kein aktueller politischer Blogger sein. Die heutige Landtagswahl in Thüringen veranlasst mich aber doch zu einem Kommentar. Genauer gesagt, ist es der Kommentar eines anderen, dem ich gerne etwas anfügen möchte, und zwar den Worten des CDU-Politikers Tankred Schipanski. Die CDU hat im Wahlkampf auf eine, wie Schipanski im Dlf-Interview am Wahlabend sagte, "bürgerliche Koalition der Mitte" gesetzt, das heißt ohne eine Koalition mit der AfD oder der Linken.

Nun ist es unterdessen aber soweit gekommen, dass sich in Deutschland diese bürgerliche Mitte in Selbstauflösung befindet, wie man an den Wahlergebnissen der SPD und zunehmend auch der CDU sehen kann. Außerhalb dieser "Mitte" aber fahren die Parteien immer höhere Gewinne ein. In dieser Situation spricht der CDU-Mann im Ernst davon, es sei für seine Partei klar: "mit den extremen Rändern am rechten und am linken Rand werden wir nicht zusammenarbeiten und nicht koalieren". Was die AfD betrifft, ist das natürlich in Ordnung, aber will er auch die andere Seite, die Linke mit 31 Prozent als "extremen Rand" ansehen?

Da muss man die Politiker der "bürgerlichen Mitte" vielleicht einmal auf die Realitäten hinweisen: Was rechte und linke extreme Ränder betrifft (gemeint sind AfD und die Linke, die Herr Schipanski auch gerne in einen Topf wirft), so haben diese zusammen (laut ARD-Hochrechnung von 22:11 Uhr, siehe rechts) einen Stimmenanteil von 54,4 Prozent.

Hallo? Sehen so Ränder aus?

Da wedelt der Schwanz mit dem Hund.

ARD-Hochrechnung von 22:11 Uhr am Wahlabend
      ARD-Hochrechnung von 22:11 Uhr am Wahlabend
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Freitag,
25. Oktober 2019
Die alten Tagebücher (46)

1. Oktober 1980

Nach ein paar Tagen in der Normandie, wo wir uns mit Freunden, die wir aus dem Kibbuz kannten, getroffen haben, ziehen wir in das kleine Häuschen im Moor bei Bad Aibling. Anderthalb Jahre des Reisens sind zu Ende.
Haus, Gde. Tuntenhausen, 1.10.80

Atemlose Tage, Schlag auf Schlag:

Nach Nachtfahrt von Paris Ankunft in München am 24. September, morgens. Gleich geht die Hektik los: wir suchen ein Auto, denken an einen R4, landen am nächsten Tag bei einem Volvo-Kombi (!) Ein wunderschönes Schiff, leicht angegraut, aber sehr würdig. Baujahr '73, 145.000 km, 3000,- Mark, die C. bezahlt hat. Langsam kriege ich Hemmungen wegen dem Leben auf ihre Kosten. Aber einen Job, wo ich 300,- Mark pro Tag verdiene, muss ich erst noch finden.

Einzug ins neue Haus, alles furchtbar aufregend, aber wir sind sehr glücklich. Viele Transporte, etwas Hektik, "das Land" schlägt auch gleich zu: Hornissennest am Haus. Ich bin diesen Dingen gegenüber etwas unempfindlicher als C. Ihr macht auch das Plumpsklo Probleme, holen deshalb bei B. in Velden ein Chemo-Camping-Klo ab. Weiß noch nicht so recht.

Gleich angemeldet auf der Gemeinde, Wohnort im Pass in "Tuntenhausen" geändert, was für ein Name!

Draußen warten über 5000 Quadratmeter verwilderte Wiese, dass wir etwas draus machen, im Haus ist einiges zu tun, wir müssen uns einrichten ... ich glaube, die Zeit wird gut.

Bedingungen: Miete 500,- Mark monatl., Oktober noch mietfrei, Mietvertrag von Atoni für drei Jahre.

Die neue Anschrift lautet:

Nr. 21
8019 Haus

oder

Haus Nr. 21
8019 Ostermünchen

oder

Haus 21
8019 Tuntenhausen

oder

Nr. 21
8019 Haus/Ostermünchen

oder

Nr. 21
Haus
8019 Ostermünchen
(das klingt am richtigsten!)

......

(Vielleicht sollte ich mal auf dem Postamt nachfragen, was die dazu meinen)

Jedenfalls, die Telefonnummer ist klar: 08067/356. Gestern morgen war ein freundlicher dicker Mensch da, der das Telefon wieder in Gang gesetzt hat.

C. ist gestern nach Hamburg gefahren (mit dem "Schiff"), Zeug holen, vielleicht auch, um dort ein paar Tage zu arbeiten.

Ich habe eine Taxinacht hinter mir, anschließend lange Arie, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln wieder hier raus zu kommen: U3 ab Olympiazentrum um 520, S4 ab Marienplatz 547 (das sind 5 MVV-Streifen à 83 1⁄3 Pfg., also 4,17), Zug ab Grafing Bahnhof, 652, bis Ostermünchen 2,40 Mark, per Anhalter die drei Kilometer bis Haus, die Haustür kurz vor Viertel nach Sieben aufgesperrt, das Auto hatte ich kurz vor fünf in die Garage gestellt ...

abends

Schlaf der Erschöpfung bis 6 Uhr abends, dann aufstehen und einsames Essen. Komme noch nicht ganz mit dem Alleinsein hier zurecht, bin da aber sehr zuversichtlich, vor allem angesichts der Arbeit, die auf mich wartet.

(...)

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Montag,
21. Oktober 2019
Zum Abschluss der Herbsttagung von Weltbank und Internationalem Währungsfond hat IWF-Direktorin Kristalina Georgieva die in Deutschland geplanten Investitionen in den Klimaschutz begrüßt. Es sei positiv, wenn man in dieser Weise fiskalische Spielräume nutze, um die Konjunktur zu stützen (siehe die Meldung im Dlf vom gestrigen Sonntag).

Die Konjunktur ist es also, was die Politiker umtreibt. Gleichzeitig veröffentlicht der Blog Datawrapper eine visualisierte Zusammenfassung der Folgen der Klimaerwärmung bis zum Jahr 2100 (siehe rechts, Grafik anklicken), differenziert nach den Graden, die die Erwärmung erreicht, zwischen einem und fünf Grad Celsius, verglichen mit dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts. Als wahrscheinlichste Zahl wird eine Erwärmung um 3,2 Grad angesehen. Schaut man sich das an, kann man sich vor seinen Enkeln und Urenkeln nur noch schämen.

Außerdem bringt die taz noch einen Artikel über alte weiße Männer, denen Greta Thunberg nicht sexy genug ist. Unglaubliches steht da drin.

Datawrapper - weekly chart
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  Und noch einen herzlichen Dank an die Besucher meiner Lesung vom 18.10.
( s.u.) Es war ein schöner und für mich sehr erfreulicher Abend (für euch hoffentlich auch).
  Lesung in der Kratzbürste, 18.10.19
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Montag,
14. Oktober 2019
Zwei Meldungen der letzten Tage veranlassen mich zu Kommentaren.

Erstens: Heute, 14. Oktober:

Bundesregierung schließt Huawei nicht von 5G-Netz aus

Dazu fällt mir das Theaterstück von Max Frisch aus dem Jahr 1958 ein: Biedermann und die Brandstifter. In dem Stück lädt ein Fabrikant (Gottlieb Biedermann) zwei undurchsichtige Gestalten in sein Haus ein, erlaubt ihnen auf dem Dachboden zu übernachten, sieht, wie sie Fässer mit Benzin anschleppen und reicht ihnen zum Schluss noch die Streichhölzer. In dem folgenden Brand geht die ganze Stadt zugrunde.
Max Frisch charakterisierte später die Figuren der Brandstifter als Dämonen, geboren aus Gottlieb Biedermann selbst: aus seiner Angst, die sich ergibt aus seiner Unwahrhaftigkeit.112

China kennt keine Trennung zwischen privatwirtschaftlichen Unternehmen und dem Parteiapparat samt Geheimdiensten. Wie sehr vertrauen wir China? So wie Biedermann den beiden Gesellen auf seinem Dachboden?


Zweitens: Freitag, 11. Oktober:

Mit Bakterien belastete Milch

Das mit Abstand größte deutsche Molkereiunternehmen, das Deutsche Milchkontor mit Sitz in Zeven (zwischen Bremen und Hamburg) musste eine Partie fettarmer Frischmilch zurückrufen wegen Verunreinigung mit Bakterien, die zu Magen-Darm-Erkrankungen führen können. Abnehmer der Milch sind in erster Linie die Discounter Lidl, Aldi, Metro, Rewe u.a., also die Billigheimer, meine speziellen Freunde (siehe dazu meine früheren Beiträge zum Thema Dumpingpreise vom 16.11.2015, 22.12.2015 und 12.02.2016.

Meine spontane Reaktion: Wenn man mal einen Tag nicht mehr vom Klo runterkommt, wäre das vielleicht eine gute Gelegenheit, sein Kaufverhalten zu überdenken. Wer immer nur das Billigste sucht, darf sich über nichts wundern. Am besten wäre es, die Milch beim Bauern zu holen (die Keime, die man sich da einfangen kann, stärken nur das Immunsystem – Bauernkinder sind gesünder, wie Studien belegen).
112 siehe Wikipedia
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Donnerstag,
10. Oktober 2019
Wie im Vorjahr werde ich auch in diesem Jahr eine Lesung aus einem entstehenden Text halten. Dieses Mal handelt es sich um einen Roman, der im weitesten Sinn auf dem im Vorjahr vorgestellten Essay über "das Böse" fußt.

Die Handlung dreht sich um zwei Männer, die sich im Schwarzwald zu einer Wanderung verabreden. Dass sie ein Schicksal verbindet, weiß zu Anfang nur einer von ihnen. Der andere bekommt im Lauf des Wandertags eine Ahnung, dass seine vor zwanzig Jahren begangene Untat vielleicht nicht verborgen geblieben ist.

Den Anfang des 2. Kapitels habe ich vor einiger Zeit hier schon vorgestellt.

Die Lesung wird am Freitag, dem 18. Oktober, hier in der Kratzbürste stattfinden, um 20 Uhr.


Hier der Text der Einladung, die ich verschickt habe:

Liebe Freunde aus dem Kratzbürsten-Kinokreis,

wie im letzten Jahr werde ich auch in diesem Herbst eine Lesung aus meinem aktuellen literarischen Projekt veranstalten. Termin ist Freitag, der 18. Oktober um 20 Uhr im Kratzbürsten-Kino.

Dieses Mal lese ich aus einem Roman, der aus der Thematik des letztjährigen Essays über "das Böse" erwachsen ist. Es geht mir bei der Lesung weniger darum, eine komplette Handlung zu erzählen (zumal der Roman erst zu ca. zwei Dritteln fertig ist), sondern mehr, meinen Schreibstil vorzustellen, der teilweise auch experimentelle Züge trägt (keine Angst!)

Die Handlung dreht sich um zwei Personen, von denen einer eine Riesendummheit begeht, indem er auf einen Unfall noch ein Verbrechen draufsetzt, und der andere, der indirekt davon betroffen ist, sich in einen Hass hineinsteigert, aus dem er mit Hilfe eines Klosteraufenthalts wieder herausfindet.

Mehr dazu am Abend der Lesung. Über Euer zahlreiches Kommen würde ich mich sehr freuen.

Werner aus der Kratzbürste






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