Leseprobe aus: Jaume Cabré, Das Schweigen des Sammlers



S. 315 ff.






Das Kapitel 24 verknüpft eine Ketzerverfolgung in Katalonien aus dem 14. Jahrhundert mit einem Gespräch im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau 1944. Am Ende leitet der Text in eine weitere Szene über. Cabrés Stil wird hier exemplarisch deutlich. (S. 315 ff.)


24

Vor langer Zeit, als die Erde noch eine Scheibe war und kühne Seefahrer am Rand der Welt im kalten Nebel zerschellten oder in den finsteren Abgrund stürzten, lebte ein braver Mann, der beschloss, sein Leben in den Dienst Gottes zu stellen. Er hieß Nicolau Eimeric, war Katalane und hatte sich im Dominikanerorden von Girona als Professor der heiligen Gotteslehre einen Namen gemacht. Dank seines frommen Eifers durfte er bald im katalanischen Hoheitsgebiet und im Königreich Valencia die Inquisition leiten und mit eiserner Hand gegen die Übel der Ketzerei vorgehen. Nicolau Eimeric war am 25. November 1900 in Baden-Baden geboren, hatte es ziemlich schnell zum SS-Obersturmbannführer gebracht und war nach einer ersten glorreichen Etappe als Lagerkommandant von Auschwitz zur Lösung des ungarischen Problems 1944 wieder dorthin abkommandiert worden. In einer offiziellen Verlautbarung verdammte er das Buch Philosophia amoris des rebellischen Ramon Lull, eines Katalanen aus dem Königreich Mallorca, als abscheuliche Häresie. Und ebenso erklärte er all diejenigen zu Ketzern, die in Valencia, Alcoi, Barcelona und Saragossa, in Alcanyis, Montpellier oder irgendeinem anderen Ort die teuflische, verderbenbringende Lehre des Ramon Llull lasen, verbreiteten oder dachten. Unterzeichnet heute, am dreizehnten Tag des Monats Juli im Jahre 1367 in der Stadt Girona.

»Fahrt fort. Mein Fieber steigt schon wieder, und ich möchte mich nicht hinlegen, bevor ...«

»Ihr könnt Euch beruhigt zurückziehen, Exzellenz.«

Fra Nicolau wischte sich den vor Hitze und Fieber strömenden Schweiß von der Stirn, sah zu, wie sein junger Sekretär Fra Miquel de Susqueda mit seiner wunderbar klaren Handschrift die Verurteilungsurkunde fertigstellte, trat hinaus in die Sonnenglut und tauchte kurz darauf atemlos in die Dunkelheit der kaum weniger stickigen Kapelle der heiligen Agathe ein. Dort kniete er nieder, senkte vor dem Allerheiligsten demütig das Haupt und betete, O Herr, gib mir Kraft, damit ich in meiner menschlichen Schwäche nicht strauchele; gib, dass ich angesichts von Verleumdungen, Gerede, Neid und Lügen nicht verzage. Nun erdreistet sich selbst der König, mein Eintreten für den wahren und einzigen Glauben zu kritisieren, O Herr. Gib mir Kraft für meinen Dienst an Dir, damit ich auch weiterhin dafür sorgen kann, dass Deine i Wahrheit strikt befolgt wird. Nach dem Amen, das klang wie ein gedankenschwerer Seufzer, verharrte Fra Nicolau, ohne zu denken, in direkter Verbindung mit dem Herrn der Wahrheit, noch so lange auf Knien, bis die sinkende Sonne die Hügelkette im Westen berührte.

Als das Licht hinter den Kirchenfenstern zu schwinden begann, verließ Fra Nicolau federnden Schrittes, wie er gekommen war, die Kapelle. Draußen atmete er tief den Geruch nach Thymian und Heu ein, der von der nach dem heißesten Tag seit Menschengedenken immer noch erhitzten Erde aufstieg. Wieder wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Er ging auf das graue Steingebäude am Ende des Pfads zu, musste aber am Eingang seine Ungeduld zügeln, weil diese Frau – immer diese Frau – in Begleitung ihres Mannes, des Scheelen aus Salt, mühsam einen mannsgroßen Sack Rüben in den Palast schleppte.

»Müssen die beiden ausgerechnet diese Tür benutzen?«, fragte er ungehalten Fra Miquel, der ihm entgegengekommen war.

»Die Tür zum Gemüsegarten ist versperrt, Exzellenz.« Nicolau Eimeric fragte schroff, ob alles bereit sei, und während er mit langen Schritten zum Verhörraum lief, dachte er, O Herr, Tag und Nacht kämpfe ich mit all meinen Kräften für Deine Wahrheit. Gib mir auch weiterhin Kraft, denn am Ende werden nicht die Menschen mich richten, sondern Du.

Ich bin ein toter Mann, dachte Josep Xarom. Er konnte dem schwarzen Blick des teuflischen Inquisitors nicht standhalten, der in den Raum gestürmt war, ihm seine Frage entgegengeschrien hatte und nun ungeduldig auf eine Antwort wartete.

»Welche Hostien?«, fragte Doktor Xarom nach einer langen Pause mit angsterstickter Stimme. Der Inquisitor erhob sich, trocknete sich zum dritten Mal, seit er den Verhörraum betreten hatte, den Schweiß von der Stirn und fragte dann noch einmal, wie viel hast du Jaume Malla für die geweihten Hostien bezahlt?

»Ich weiß nichts davon. Ich kenne keinen Jaume Malla. Und ich weiß nicht, was Hostien sind.«

»Das heißt also, du betrachtest dich als Juden.«

»Nun ... Ich bin Jude, Exzellenz, das wisst Ihr doch. Meine Familie steht, wie alle Familien im Ghetto, unter dem Schutz des Königs.«

»Innerhalb dieser vier Wände steht man einzig unter Gottes Schutz. Vergiss das nie.«

O Adonai, wo bist du jetzt, da ich dich suche, dachte der ehrwürdige Doktor Josep Xarom und wusste zugleich, dass er sich mit diesem Zweifel gegen Gott versündigte.

Eine geschlagene Stunde lang mühte sich Fra Nicolau mit Engelsgeduld und ungeachtet seiner Kopfschmerzen und der Wallung seiner inneren Säfte, herauszufinden, welche abscheulichen Sünden diese verfluchte Kreatur mit den geweihten Hostien begangen hatte, von denen in der umfangreichen Anklage die Rede war, aber Josep Xarom wiederholte nur immer wieder das Gleiche: dass er Josep Xarom hieß, im Ghetto geboren war und zeit seines Lebens dort gewohnt hatte, dass er die Kunst der Medizin erlernt und sowohl innerhalb als auch außerhalb des Ghettos Kindern auf die Welt geholfen hatte und dass sein Leben einzig und allein in der Ausübung seines Berufs bestand.

»Und du hast an eurem Sabbat in der Synagoge gedient.«

»Das hat uns der König nicht verboten.«

»Der König ist nicht befugt, über die grundlegenden Belange der Seele zu urteilen. Du wurdest beschuldigt, mit den geweihten Hostien abscheuliche Sünden begangen zu haben. Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?«

»Wer beschuldigt mich?«

»Das geht dich nichts an.«

»O doch, das tut es. Ich wurde verleumdet, und wenn ich weiß, von wem, kann ich Euch erklären, warum derjenige ...«

»Willst du etwa andeuten, ein guter Christ wäre der Lüge fähig?«, rief Fra Nicolau empört aus.

»Selbstverständlich ist er das, Exzellenz.«

»Damit verschlimmerst du deine Lage, denn indem du einen Christen beleidigst, beleidigst du unseren Herrn Jesus Christus, den du und deinesgleichen getötet haben.«

O Adonai, du einziger, gnädiger Gott.

Großinquisitor Nicolau Eimeric wandte sich verächtlich von dem Angeklagten ab, fuhr sich mit der flachen Hand über die sorgenvolle Stirn und befahl den beistehenden Schergen, ihn der Folter zu unterziehen, und bringt ihn mir in einer Stunde mit dem unterschriebenen Geständnis zurück.

»Welche Methode, Exzellenz?«, fragte Fra Miguel.

»Die Streckbank für die Dauer eines Credo in unum Deum. Und dann die Haken, so lange, wie man braucht, um zwei Paternoster zu beten.«

»Exzellenz ...«

»Und wenn das seinem Gedächtnis nicht auf die Sprünge hilft, fangt ihr wieder von vorne an, und das so oft wie nötig.«

Er trat dicht an Fra Miquel de Susqueda heran, der schon seit geraumer Zeit den Blick gesenkt hielt, und befahl ihm mit leiser Stimme, Jaume Malla zu verwarnen, wenn er noch einmal Hostien an Juden verkaufe oder verschenke, werde er von ihm hören.

»Wir wissen gar nicht, wer dieser Jaume Malla ist.« Fra Miguel holte Luft: »Vielleicht gibt es ihn gar nicht.«

Doch der fromme Mann hörte ihn nicht, weil er ganz auf seine grässlichen Kopfschmerzen konzentriert war, die er dem Herrgott als Buße darbrachte.


Angesichts von Streckbank und Metzgerhaken, die sein Fleisch durchbohrten und seine Sehnen zerfetzten, gestand der Arzt Josep Xarom aus Girona, ja, ja, ja, beim Allmächtigen Gott, ich habe es getan, ich habe sie von dem Mann gekauft, wie ihr sagt, ja, ja, aber hört auf, um der Liebe Gottes willen.

»Und was hast du mit ihnen gemacht?«, fragte Fra Miguel de Susqueda, der vor der Streckbank saß und tunlichst vermied, das herabtropfende Blut anzusehen.

»Ich weiß es nicht. Was immer Ihr sagt, aber habt Erbarmen und streckt mich nicht noch mehr ...«

»Vorsicht, wenn er das Bewusstsein verliert, kann er nicht mehr aussagen.«

»Na und? Er hat doch schon gestanden.«

»Sehr schön. Und du gehst dann zu Fra Nicolau, ja du da, der Rote, und sagst ihm, dass der Angeklagte während der gesamten peinlichen Befragung geschlafen hat, und ich schwöre dir, er wird euch selbst wegen Behinderung der göttlichen Gerechtigkeit auf die Streckbank legen. Euch beide.« Verzweifelt: »Kennt ihr denn Seine Exzellenz nicht?«

»Aber Herr, wir haben doch ...«

»Ja. Und ich werde auch bei eurer peinlichen Befragung Protokoll führen. Los, weckt ihn auf.«

»Nun gut: Du packst ihn bei den Haaren, so. Und los geht's: Was hast du mit den geweihten Hostien gemacht? Hörst du mich? He, Xarom! Verfluchte Scheiße!«

»Ich dulde keine unflätigen Wörter innerhalb der Mauern der heiligen Inquisition«, rief Fra Miquel empört. »Betragt euch gefälligst wie gute Christen.«


Da es inzwischen völlig dunkel geworden war, wurde eine Fackel entzündet. Ihre Flamme flackerte wie die Seele Xaroms, der, nur halb bei Bewusstsein, die Beschlüsse des hohen Gerichts hörte, verlesen mit kräftiger Stimme von Nicolau Eimeric, der ihn in Anwesenheit von Zeugen zum Tode durch das reinigende Feuer verurteilte, zu vollstrecken am Vorabend des Sankt-Jakobs-Tags, da er sich geweigert hatte, seine Reue durch die Zuwendung zum wahren Glauben zu bekunden, wodurch er zwar nicht seinen Körper, wohl aber seine Seele gerettet hätte. Und nachdem Fra Nicolau das Urteil durch seine Unterschrift besiegelt hatte, ermahnte er Fra Miquel: »Denkt daran, dass dem Beklagten zuvor die Zunge herauszuschneiden ist.«

»Genügt nicht auch der Knebel, Exzellenz?«

»Dem Beschuldigten ist zuvor die Zunge herauszuschneiden«, beharrte Fra Nicolau geduldig. »Und ich werde keine Nachlässigkeit dulden.«

»Aber Exzellenz ...«

»Die sind mit allen Wassern gewaschen, zerbeißen den Knebel ... Und ich will, dass die Ketzer stumm sind, wenn sie zum Scheiterhaufen geführt werden, denn ansonsten könnten sie die Andacht der Anwesenden durch Flüche und Gotteslästereien stören.«

»Es ist hier noch nie vorgekommen, dass ...«

»In Lleida schon. Und solange ich in Amt und Würden bin, werde ich das niemals dulden.« Er starrte ihn aus schwarzen Augen an, dass es wehtat, und wiederholte leiser: »Niemals dulde ich das.« Und dann laut: »Seht mir gefälligst in die Augen, wenn ich mit Euch rede, Fra Miquel! Niemals.«

Er stand auf und stürmte hinaus, ohne einen der Anwesenden noch einmal anzusehen, denn er war zum Abendessen im Bischofspalast eingeladen und schon spät dran; überdies quälten ihn die Kopfschmerzen und das Fieber.

Draußen war der Wolkenbruch wegen der extremen Kälte in dichten, lautlosen Schneefall übergegangen. Drinnen betrachtete er die opalisierende Farbe des Weins in seinem erhobenen Glas und sagte zu seinem Gastgeber, ja, ich wurde im Schoß einer wohlhabenden, streng religiösen Familie geboren, und es war die moralische Geradheit meiner Erziehung, die meine unbedeutende Person befähigt hat, auf direkten Befehl des Führers und nach konkreten Anweisungen von Reichsführer Himmler die schwere Bürde auf mich zu nehmen und zu einem unverbrüchlichen Bollwerk gegen den Feind unseres Vaterlandes zu werden. Dieser Wein ist ausgezeichnet, Herr Doktor.

»Danke. Es ist mir eine Ehre, ihn Ihnen in meinem provisorischen Heim kredenzen zu dürfen.«

»Provisorisch, aber gemütlich.«

Ein zweiter Schluck. Draußen bedeckte der Schnee bereits die Blöße der Erde mit einer züchtigen, dicken, kalten Decke. Der Wein wärmte angenehm. Obersturmbannführer Rudolf Höß, geboren in Girona im verregneten Herbst des Jahres 1320 – in jener fernen Zeit, als die Erde eine Scheibe war und die wagemutigen Seefahrer, die, von Neugier und Phantasie getrieben, den Rand der Welt erkunden wollten, vollkommen überwältigt waren –, war besonders stolz darauf, den Wein in trauter Gesellschaft des geschätzten und angesehenen Doktor Voigt zu trinken, und konnte es kaum erwarten, dies wie nebenbei vor den Kollegen erwähnen zu können. Das Leben war schön. Vor allem jetzt, da die Erde wieder eine Scheibe war und sie unter dem ruhigen Blick des Führers der Menschheit zeigten, wo Stärke und Macht, Wahrheit und Zukunft lagen und dass die vollkommene Verwirklichung eines Ideals mit jeglicher Form von Mitleid unvereinbar war. Die Macht des Reichs war bereits grenzenlos und ließ die Taten sämtlicher Eimerics der Geschichte wie die Spielereien von Kindern erscheinen. Der Wein verhalf ihm zu der sublimen Bemerkung: »Befehle sind mir heilig, so schwer sie mir auch vorkommen mögen, denn als SS-Mann muss ich bereit sein, mich in Erfüllung meiner Pflicht mit Leib und Seele für das Vaterland aufzuopfern. Deshalb bin ich 1334, im Alter von vierzehn Jahren, in meiner Heimatstadt Girona in den Dominikanerorden eingetreten und habe mein ganzes Leben der Aufgabe gewidmet, den Glanz der Wahrheit erstrahlen zu lassen. Man nennt mich grausam, König Pere hasst mich, beneidet mich und würde mich am liebsten vernichten, aber das berührt mich nicht. Vor dem Glauben gilt mir weder König noch Vater, ich achte weder meine Mutter noch meine Vorfahren, denn über allem anderen diene ich der Wahrheit. Aus meinem Mund, Euer Gnaden, werdet Ihr nichts als die Wahrheit hören.«

Der Bischof höchstpersönlich schenkte Fra Nicolau nach, und dieser nahm einen Schluck, ohne zu merken, was er trank, weil er erregt immer weiter schwadronierte, und dann wurde ich verbannt und auf Befehl König Peres meines Amtes als Großinquisitor enthoben, und als ich hier in Girona, zum Generalvikar des Dominikanerordens ernannt wurde, hat dieser verfluchte König – wie Ihr vielleicht nicht wisst – Papst Urban unter Druck gesetzt, bis dieser schließlich meine Nominierung abgelehnt hat.

»Nein, das wusste ich nicht.«

Der Bischof, der ihm kerzengerade und wachsam in seinem bequemen Stuhl gegenübersaß, sah schweigend zu, wie sich der Großinquisitor mit dem Ärmel seiner Kutte den Schweiß von der Stirn wischte. Er wartete gut und gerne zwei Vaterunser, dann fragte er: »Geht es Euch gut, Exzellenz?«

»Ja.«

Der Bischof schwieg, und beide tranken einen Schluck Wein.

»Dennoch, Exzellenz, seid Ihr nun wieder Generalvikar.«

»Dank meiner Beharrlichkeit und meines Glaubens an den Herrn und seine Barmherzigkeit wurden mir das Amt und die Würde des Großinquisitors wiedergegeben.«

»Also hat sich alles zum Guten gewendet.«

»Ja, aber nun droht der König, mich erneut zu verbannen, und Freunde haben mir zugetragen, er wolle mich töten lassen.«

Der Bischof dachte lange nach, dann hob er zaghaft den Finger und sagte, König Pere ist der Ansicht, Eure Besessenheit bei der Verdammnis der Werke Llulls ...«

»Llull?«, rief Eimeric aus. »Habt Ihr jemals etwas von Llull gelesen, Euer Gnaden?«

»Nun, ich ... Also, ja.«

»Und?«

Dieser schwarze Blick Eimerics bohrte sich einem in die Seele. Seine bischöfliche Gnaden schluckte: »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mir ... Ich habe ... Nun gut, ich wusste nicht ...« Schließlich kapitulierte er: »Ich bin kein Theologe.«

»Ich bin auch kein Ingenieur, und trotzdem ist es mir gelungen, die Öfen von Birkenau rund um die Uhr reibungslos am Laufen zu halten. Und es ist mir gelungen, dass meine Männer, die diese Rattenbande vom Sonderkommando kontrollieren, nicht den Verstand verlieren.«

»Wie habt Ihr denn das hinbekommen, mein lieber Höß?«

»Ich weiß es nicht. Indem ich die Wahrheit gepredigt habe. Indem ich allen dürstenden Seelen vor Augen geführt habe, dass es nur eine einzige evangelische Lehre gibt und dass es meine heilige Mission ist zu verhindern, dass Irrglaube und Bosheit die Fundamente der Kirche zerstören. Darum bemühe ich mich, die Ketzerei auszurotten, und die wirkungsvollste Methode besteht darin, die Ketzer auszurotten, die neuen wie die rückfälligen. «

»Aber der König ...«

»Der aus Rom angereiste Generalinquisitor und Ordensvikar hat das sehr wohl erkannt. Er wusste von König Peres Abneigung gegen mich und riet mir, trotz allem die Verurteilung des gesamten Werkes des schändlichen und gefährlichen Ramon Llull voranzutreiben. Er hat kein einziges der von uns in den letzten Jahren angestrengten Verfahren in Frage gestellt und in einer bewegenden Messfeier bei der Predigt meine Wenigkeit als Musterbeispiel für alle Lagerkommandanten angeführt. Da kann der König von Valencia, Katalonien, Aragonien und Mallorca sagen, was er will. Und ich war glücklich, weil ich dem heiligsten aller Eide meines Lebens treu geblieben war.« Das Problem war, wenn überhaupt, diese Frau.

»Es gibt da etwas, was ...« Der Bischof zögerte einen Augenblick, dann hob er vorsichtig den Finger: »Und wohlgemerkt: Damit will ich nicht sagen, sie hätten nicht den Tod verdient.« Er betrachtete die Farbe des Weins in seinem Glas, und sie erschien ihm flammendrot: »Aber könnte man sie nicht ...«

»Was?«, fragte Eimeric ungeduldig.

»Müssen sie denn unbedingt den Feuertod sterben?«

»Es ist gängige Praxis in der gesamten christlichen Kirche, dass sie durch das Feuer sterben, Euer Gnaden.«

»Ein grässlicher Tod.«

»Auch ich brenne gerade vor Fieber und beklage mich nicht und lasse nicht nach in meinem Bemühen um das Wohl der Heiligen Mutter Kirche.«

»Und ich bestehe darauf, dass der Feuertod ein grässlicher Tod ist.«

»Aber ein verdienter!«, fuhr Eimeric auf. »Noch grässlicher sind Blasphemie und Beharren im Irrglauben, oder etwa nicht, Euer Gnaden?«, und ich starrte gedankenverloren in den leeren Kreuzgang. Dann merkte ich, dass ich allein war. Ich sah mich um. Wo steckte Kornelia?

Die Touristengruppe wartete geduldig und diszipliniert in einer Ecke des Kreuzgangs von Bebenhausen, mit Ausnahme von Kornelia, die ... Jetzt sah ich sie: Sie schlenderte allein und in Gedanken versunken durch den Hof des Kreuzgangs, unberechenbar wie immer. Ich betrachtete sie mit einer gewissen Begierde, und mir schien, als bemerke sie, dass ich sie beobachtete. Sie hielt an, den Rücken zu mir gewandt, und ging dann zu der Gruppe hinüber, die darauf wartete, dass genügend Leute für die Führung zusammenkamen. Ich winkte ihr zu, aber sie sah es nicht oder tat zumindest so. Kornelia. Ein Buchfink landete auf dem Brunnen vor mir, trank einen Schluck Wasser und trillerte melodiös. Adrià spürte, wie ihn ein Schauder überlief.





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