Abendland |
dtv |
||||
Wieder ein außerordentlicher Roman, von dem man als Schriftstellerlehrling sehr viel lernen kann. Ich gerate derzeit immer an die "richtigen" Bücher. Entlang der Lebensgeschichte des fünfundneunzigjährigen Mathematikers und Jazzliebhabers Carl Jacob Candoris entrollt Michael Köhlmeier breite Auszüge aus der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts. Er tut es mit großer Geste, mit vielen ausufernden Verzweigungen, vielen Abschweifungen (die nie langweilig, immer aufschlussreich und berührend sind) und großer Liebe zum Detail. Die Schauplätze sind (unter anderem): ein Landhaus in der Nähe von Innsbruck, wo Candoris in seinen letzten Tagen dem Ich-Erzähler (Sebastian Lukasser mit Namen, Sohn eines Jazzgitarristen, den Candoris einst gefördert hatte und der zu den Größten seiner Zunft und seiner Zeit gehört hatte) seine Erinnerungen diktiert; Wien, Lissabon, New York, Frankfurt, Göttingen, ein Bauernhof in Vorarlberg, ein einsames Farmhaus am Little Missouri. Dazu die deutsche Kolonie in Südwest-Afrika vor dem Ersten Weltkrieg und Tokio nach der Kapitulation am Ende des Zweiten, sowie Nürnberg zur Zeit der Naziprozesse. Reihenweise tauchen Personen der Zeitgeschichte auf: ein paar amerikanische Präsidenten, Edith Stein, die RAF, Physiker, Nobelpreisträger, Blues- und Jazzmusiker der dreißiger bis siebziger Jahre. 770 Seiten ziemlich pralles Leben in unprätentiöser, einfacher und immer angemessener Sprache. "Tollkühn, inspirierend und fesselnd", nennt Verena Auffermann in der "Zeit" dieses Buch. | |||||
Diese Seite drucken | ![]() |
||||
zurück zur Seite "Buchempfehlungen" |