Gustav Regler
Das Ohr des Malchus



         
         
Gustav Regler

Das Ohr des Malchus



Eine Lebensgeschichte
Kiepenheuer & Witsch ISBN 3-462-01702-0
527 Seiten
22,90 €
         
Der, dem das Ohr abgehauen wird (was Jesus gleich darauf heilt), ist Malchus. Gustav Regler hat diese biblische Begebenheit (als Jesus gefangengenommen wird um dem Hohenpriester Kaiphas vorgeführt zu werden, und die ebenfalls bei Lukas und Johannes beschrieben wird) zum Titel seiner Lebensgeschichte gewählt. Man darf das wohl so verstehen, dass er, der in seinem Leben ein Übermaß an Gewalt in seiner nächsten Umgebung erfahren musste, sich nach langen und schmerzvollen Irrwegen schließlich konsequent von aller Gewalt distanzieren will. Von den Schützengräben des ersten Weltkriegs (siehe auch: Blaise Cendrars, Die rote Lilie) über die blutige Niederschlagung der Münchner Räterepublik, den spanischen Bürgerkrieg bis zu den Stalinschen Säuberungsaktionen war Regler immer - und das wortwörtlich - an vorderster Front mit dabei.

Es gibt Kritiker dieser Memoiren, die ihm Unwahrhaftigkeit unterstellen, da nur ein linientreuer Parteisoldat solch hohe Positionen sowohl in Spanien als auch beim Moskauer Schriftstellerkongress hätte einnehmen können. Seine späte Abkehr von den despotischen und zynischen Machenschaften der KP würde ihm den Blick auf seine frühere Haltung verfälschen, er würde Schönfärberei betreiben. Ich kann das natürlich nicht beurteilen, das kann letztendlich niemand. Aber erstens war in den Anfängen des Kommunismus diese Ideologie ein wirklicher Hoffnungsschimmer für viele, gerade für Intellektuelle, wofür es zahlreiche Beispiele gibt, und zweitens muss jedem die Fähigkeit zur inneren Wandlung zugestanden werden, wenn ihn die Entwicklung eines Besseren belehrt. Und es ist keineswegs so, dass Regler seine eigenen Verfehlungen nicht auch aussprechen würde. "Das Ohr des Malchus" ist auf jeden Fall ein sehr lesenswertes Buch, und die Menschlichkeit, die aus ihm spricht, ist mit Sicherheit nicht gekünstelt.

"Ich habe einfach das Gefühl, dass die letzten Wahrheiten über die Welt sich nicht in der Geschichte oder der Soziologie finden lassen, sondern in Biographien." (Robert M. Pirsig, Lila oder ein Versuch über Moral)
         
 
         
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