WERNERS BLOG

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  Zeichnung: Wilhelm Busch


Freitag,
30. Juni 2017
Trump hat sein Einreiseverbot durchgesetzt. Das Oberste Gericht in Washington hat ihm seinen Erlass, der Reisenden aus bestimmten muslimisch geprägten Ländern die Einreise in die USA verwehrt, "vorläufig und in Teilen" wie es heißt, durchgehen lassen.

Dieses Dekret hat eine ganz besondere Pointe, und deswegen schreibe ich hier etwas dazu: Ausgenommen von dem Visa-Verbot sind "Reisende, die eine familiäre oder berufliche Beziehung in die USA nachweisen können (siehe DLF von heute). In den Jahren 2000 und 2001 gab es ein paar Einreisende aus muslimischen Ländern, die eine solche "berufliche Beziehung" vorweisen konnten: In Florida und Arizona absolvierten vier Flugschüler eine verkürzte Pilotenausbildung für Passagierlinienflugzeuge und erwarben eine Lizenz zum Steuern von Düsenjets ( Wikipedia). Wie sie diese Ausbildung am 11. September 2001 einsetzten, ist bekannt.

Das Einreiseverbot ist auf 90 Tage (bzw. 120 Tage, wenn es sich um Flüchtlinge handelt) beschränkt. "Ein klarer Sieg für unsere nationale Sicherheit", ließ sich Trump vernehmen. "Als Präsident darf ich nicht erlauben, dass Menschen in unser Land einreisen, die uns Schaden zufügen wollen." ( heute.de)

Trump-Wählern kann man offenbar jeden noch so bodenlosen Blödsinn verkaufen.


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Sonntag,
18. Juni 2017
Ob bei den wahren Dichtern das Gedankengeplapper, das sich in unseren Köpfen von früh bis spät ohne Pause abspult, wohl poetische Qualität hat? Ob in Rilkes Gedankenfluss Zeilen vorkamen, wie:
... Ach, wen vermögen
wir denn zu brauchen? Engel nicht, Menschen nicht,
und die findigen Tiere merken es schon,
daß wir nicht sehr verläßlich zu Haus sind
in der gedeuteten Welt ...77

Ob Gottfried Keller
Sei mir gegüßt, Melancholie,
Die mit dem leisen Feenschritt
Im Garten meiner Phantasie
Zu rechter Zeit ans Herz mir tritt!78
so durch den Kopf gegangen ist?


Man kann es sich nicht recht vorstellen. Viel wahrscheinlicher ist dagegen, dass sich in Gerhard Meiers Eingebung fertige Sätze geformt haben wie:
Ich bin in Burgund gewesen, in der Gegend von Taizé. Hab Friedhöfe besucht, mit prächtigem Zierrat aus Gußeisen, verrostet im Wind zu Burgund.79



77 RILKE, R. M.: Erste Duineser Elegie, in: Sämtliche Werke, Bd. I, Frankfurt am Main 1955, S. 685

78 KELLER, Gottfried: Melancholie, in: Sämtliche Werke, Bd. II, Zürich 1952, S. 934

79 MEIER, Gerhard: Sommers auf dem Dorf II, in: Werke, Bd. I, Oberhofen am Thunersee 2008, S. 116
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Samstag,
17. Juni 2017
Höre wieder mal im Radio, was draußen so los ist: Man regt sich über ein Titelbild der taz zum Tod vom Helmut Kohl auf, und dass sich die Redaktion daraufhin entschuldigt habe. Die Beschreibung des Bildes lässt mich erst lachen, dann werde ich neugierig und suche das Bild im Internet.

Ich war nie ein besonders enger Freund der taz, fand sie oft zu platt, und das, was einem da als Humor verkauft wird, kam mir immer reichlich uninspiriert vor. Niveau haben meistens nur die Auslands- und Hintergrundberichte. Aber jetzt dieses Bild – nicht wirklich ein Grund sich zu entschuldigen, finde ich.

Wenn sich jetzt schon die taz nicht mehr traut, politisch unkorrekt und geschmacklos zu sein: ja, wer soll's denn sonst tun? Wozu hat man denn solche Zeitungen?



Pirum – requiesce in pace
      Pirum – requiesce in pacem

(Ausschnitt aus dem Titelbild der taz vom 17./18. 6. 2017)

© taz
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  Nachts. Es ist fast kalt: draußen 15 Grad, und ich muss eine lange Hose anziehen. In Erwartung drohender Hitze in den nächsten Tagen friere ich freudig.    
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Mittwoch,
14. Juni 2017
Entdecke für mich den Schweizer Schriftsteller Gerhard Meier (1917-2008) (wie so oft ist es der Deutschlandfunk, der mir den entscheidenden Hinweis gibt).

Ich glaube, er ist einer der ganz Großen. Heute, zum Einstieg, ein kleines Gedicht aus der Anfangszeit – aus dem Band Das Gras grünt von 1964, später im Gedichtband Einige Häuser nebenan (1973) veröffentlicht.76


Etüde

Wenn sie im Herzen
alte Verse
sagen

Und Rilksche
Laß die Winde los
und so

Wenn Vogelzüge Eichs
Verzweiflung
tragen

Und Villons Sommerwind
die Bäume
floh

Dann bläst der
tote Pan die
Herbstetüde

Und Nebelwände
sind Belsazars
Wand



76 © Verlag Zytglogge, Oberhofen am Thunersee.
Das Gedicht wurde dem 1. Band der Werkausgabe von 2008 entnommen.
       
       
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Hallo Werner,
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Ich wusste gar nicht, wieviele vertraute Duzfreunde ich im weiten Internet habe. Unglaublich nett. Es ist so schön, nicht allein zu sein!

Und wie spaßig ist das Bestellen und Empfangen von Paketen:

Hallo Werner,
wir haben prima Neuigkeiten für Sie: Ihre Bestellung Nr. ... wird in spätestens 5 Werktagen bei Ihnen eintreffen! Ihre Rechnung finden Sie hier.
Ich habe neulich schon von der fortschreitenden Infantilisierung unserer Gesellschaft geschrieben. Die Zwangsduzerei scheint mir ein weiteres Symptom dafür. Unter der kindischen Oberfläche aber geht es knallhart zu.


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Sonntag,
4. Juni 2017
Manche Nachrichten muss man zweimal hören beziehungsweise lesen, um sich zu vergewissern, dass man sich nicht verhört/verlesen hat. Heute zum Beispiel erfahre ich, dass es in der CDU eine Gruppierung gibt, die sich Berliner Kreis nennt. Dieser Kreis hat eine Erklärung veröffentlicht, in der der Klimawandel gefeiert wird:
Man solle die Erderwärmung doch mal so sehen: sie schaffe durch das Schmelzen des Polareises neue Fischfanggründe und neue Möglichkeiten zum Rohstoffabbau.
Hurra! Gebiete, die bisher durch das Eis vor dem Zugriff des Menschen geschützt waren, können wir endlich auch ruinieren.

Durch das Auftreten eines Halbdebilen in der Rolle des US-Präsidenten ermutigt, trauen sich nun auch bei uns die Idioten aus den Löchern. (Grundsätzlich finde ich es nicht richtig, andere unflätig zu beschimpfen, aber in Fällen von solch grenzenloser Dummheit ist der gute Vorsatz nur sehr schwer durchzuhalten.)

Cem Özdemir von den Grünen hat dazu einen schönen Kommentar abgegeben: "Den Treibhauseffekt kleinzureden ist so irrsinnig, wie Kinder zum Spielen auf die Autobahn zu schicken."



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Samstag,
3. Juni 2017

Die alten Tagebücher

Zur Erläuterung:
Oktober 1979. C. (meine Freundin und spätere Frau) und ich haben unsere Große Reise angetreten: Ohne ein bestimmtes Ziel, ohne eine zeitliche Begrenzung, Süden bis Osten war die grobe Himmelsrichtung. Wir haben unsere Wohnungen aufgelöst, unsere Besitztümer verkauft, verschenkt, weggeschmissen, und uns mit eher kleinen Rucksäcken auf den Weg gemacht. Zum Start hat uns ein Freund eine Autoüberführung nach Italien geschenkt, wir durften einen BMW nach Treviso fahren, wurden dafür noch bezahlt und waren glücklich, auf diese Weise die Reise beginnen zu können. Nachdem wir das Auto losgeworden waren, fuhren wir über Ravenna und Florenz nach Livorno, wo wir die Fähre nach Sardinien nahmen. Ein paar Tage haben wir dort in San Pantaleo, einem kleinen Nest in den Bergen bei Olbia, in einem Ferienhäuschen verbracht. Die Rolle der Touristen aber war uns unangenehm.

29. 10. 1979
(...)
Das Einkaufen heute mittag war eine sehr befriedigende Tätigkeit, die Leute auch sehr freundlich. Durch unsere touristische Existenz fühle ich mich nämlich von meiner Umgebung, also dem kleinen sardischen Dorf, etwas isoliert. Das wiederum ruft Angstgefühle hervor, und wenn man der Fantasie Raum gibt, kann man sich leicht in Situationen hineinversetzen, wo man in einer fremden Umgebung einer feindlich eingestellten Bevölkerung ausgeliefert ist, ohne Nahrungsmittel und Geld ... Mit der tatsächlichen Lage hat das zwar nichts zu tun, aber Ängste fragen selten danach.
Darum eben das neugewonnene Sicherheitsgefühl, als wir mit prallen Einkaufstüten voller Gemüse, Lebensmittel und Wein die Dorfstraße entlanggingen. Darüber hinaus bedeutet ein Ort, an dem ich mir Mahlzeiten kochen kann, stets einen Trost und eine Hilfe für mich, da kann ich "zu Hause" spielen. So einfache Tätigkeiten wie Zwiebeln schneiden, Salat putzen oder Käse reiben werden dann zum Symbol der Seßhaftigkeit, verkörpern das Wohnen schlechthin.
(...)

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Samstag,
27. Mai 2017
Apropos bei Sinnen sein: auch in scheinbar bekanntem Gelände mit offenen Sinnen spazierenzugehen, ist immer ein Gewinn. Neulich, auf der Runde, die mich in einer Stunde rund ums Haus führt, entdecke ich (wie schon oft, zum Beispiel hier oder hier) die Experimentierfreudigkeit der Natur.
Die Hahnenfußgewächse (deren häufigster Vertreter, der Scharfe Hahnefuß, derzeit die Wiesen – solange sie noch nicht gemäht sind – mit kleinen goldgelben Blüten überzieht) haben fünf Blütenblätter. Und wieder lerne ich, dass das nicht unbedingt so sein muss. Innerhalb eines einzigen Quadratmeters finde ich ein vierblättriges und ein sechsblättriges Exemplar des weißblühenden Platanen-Hahnenfußes.


 
Platanen-Hahnenfuß mit vier Blütenblättern Platanen-Hahnenfuß mit sechs Blütenblättern
Platanen-Hahnenfuß mit vier Blütenblättern Platanen-Hahnenfuß mit sechs Blütenblättern
   
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Montag,
22. Mai 2017
Wer am Gebirgsbach von Wasser als H2O redet, der ist wortwörtlich nicht bei Sinnen.


Hans-Christian Zehnter75

75 ZEHNTER, Hans Christian: Was ist Licht? in: Das Goetheanum Nr. 21, 2017
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Donnerstag,
18. Mai 2017
Bilder von unterwegs

Eier aus Egg (Bodensee)
Eier aus Egg
      Nomen est Omen
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Mittwoch,
17. Mai 2017
Manchmal sind es die kleines Nachrichten am Rande, die ein helleres Licht auf die Verhältnisse in der Welt werfen als das laute Gepolter der Figuren, die gern im Rampenlicht stehen. Gestern höre ich zum Beispiel die Meldung, im Nahen Osten gebe es ein gemeinschaftliches Grundlagen-Forschungsprojekt mit dem schönen Namen SESAME. Es handelt sich um einen Teilchenbeschleuniger, der zur Grundlagenforschung in den Bereichen Biologie, Archäologie, Medizin, Materialwissenschaft, Physik, Chemie und Life sciences eingesetzt werden soll. Teile der Anlage kommen aus Deutschland.

Das Ziel ist laut eigener Darstellung:

Die wissenschaftliche und technologische Exzellenzforschung im Mittleren Osten und den benachbarten Ländern zu pflegen, und die Abwanderung der Wissenschaftselite zu verhindern beziehungsweise rückgängig zu machen.

Außerdem möchte SESAME wissenschaftliche und kulturelle Brücken zwischen verschiedenen Gesellschaften bauen und mit Hilfe internationaler wissenschaftlicher Zusammenarbeit einen Beitrag zu einer Friedenskultur leisten.

Klingt gut. Was mich aufhorchen ließ, war die Mitteilung, dass neben Zypern, Ägypten, dem Iran, Jordanien, Pakistan, der Palästinensischen Verwaltung und der Türkei auch Israel an dem Projekt beteiligt sei. Ein kleiner Hoffnungsschimmer im Nahen Osten, dachte ich, da gibt es also Felder der Zusammenarbeit, auf denen miteinander geredet und gearbeitet wird, anstatt ständig aufeinander loszuballern.

Ein paar Stunden später dann: der israelische Wissenschaftsminister sagt seine Teilnahme an der feierlichen Eröffnung des Instituts in der Nähe von Amman (Jordanien) ab.

Bloß nicht den Verdacht aufkommen lassen, man wäre ein Staat wie alle anderen. Geht gar nicht.



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Samstag,
13. Mai 2017

Die alten Tagebücher

8. 10. 1979

(...)
Gedanken beim nächtlichen Befahren einer Landstraße: Eine solche Straße durch die Natur läßt sich auf zwei einander entgegengesetzten Weisen erleben. Zum Einen ist die Straße eine Fortsetzung der städtischen, modernen Zivilisation, und derjenige, der sie benutzt, befindet sich gleichsam auf heimatlichem Terrain, vor allem vom sicheren Inneren eines Autos heraus betrachtet. Das Drumherum, die Natur, evtl. Wälder etc., sind unbekanntes Gelände, gehört eigentlich zu einer anderen, fremden Welt. Ist man etwa gezwungen, dieser Fremdheit unmittelbar gegenüberzutreten, z.B. wegen einer Autopanne, so empfindet man ein starkes Unbehagen, das sich unter Umständen bis zur Angst steigern kann. Nachts allein im Wald "ausgesetzt" zu sein, ist für viele Menschen eine Vorstellung, die sie ängstigt.
Dieser Haltung entgegengesetzt ist das Empfinden der Natur als das Ursprüngliche, wovon man selbst als Mensch Teil ist, und das durch den Bau einer Straße entzweigeschnitten, verwundet wurde. Nachts an einsamer Stelle den Wagen anzuhalten, den Motor auszuschalten und den Geräuschen des Waldes zu lauschen, das Licht des Mondes zu betrachten, wird da zum Genuß, zum Erlebnis der Einheit von Mensch und Natur.

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Sonntag,
7. Mai 2017
Vor langer Zeit wurde ich in München geboren. Als junger Mensch war ich stolz auf meine Stadt, konnte mir nicht vorstellen, je woanders leben zu wollen. Nun, das hat sich dann anders entwickelt, heute bleibt kaum jemand sein ganzes Leben an dem Ort, in dem er geboren wurde. Zuerst kam ich noch oft und regelmäßig nach München, wir lebten nicht allzuweit davon entfernt. Dann verschlug es uns in den deutschen Norden, und seit der Jahrtausendwende lebe ich im Alemannischen. Nach München komme ich nur noch sehr selten.

Warum aber verstärkt sich bei jedem dieser seltenen Besuche mein Gefühl, froh zu sein, dass ich nicht mehr da lebe? Sicher hat es auch mit den unvermeidlichen Veränderungen zu tun, die die Zeit mit sich bringt oder den völlig durchgedrehten Mieten, die in München verlangt werden: nie wieder hätte ich mir das Leben in meiner Heimatstadt leisten können. Es sind aber auch atmosphärische Veränderungen mit der Stadt vor sich gegangen, Verfremdungen, ja geradezu Unterwanderungen durch Kräfte, die mich schaudern lassen.

Ich kann natürlich nicht behaupten, dass der Ungeist Münchens nicht auch in meiner Jugend schon vorhanden gewesen wäre: Geld und Protz und Oberflächlichkeit haben diese Stadt schon immer maßgeblich bestimmt, aber die räumliche und zeitliche Entfernung und nicht zuletzt der Vergleich mit anderen Orten, an denen ich gelebt habe, lassen die Zustände deutlicher hervortreten.

Und da stolpere ich in der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung über einen Text von einem, dem es offenbar ganz ähnlich geht: Der SZ-Redakteur und Schriftsteller Max Scharnigg hat in seinem Blog einen brillanten Text über den Zustand Münchens verfasst, die Stadt, in der er wie ich geboren und aufgewachsen ist. Einen Übungsplatz für Hausmeister nennt er sie. Ich beneide ihn fast (schriftstellerisch gesehen) um diesen Text. Titel: Grant. Oder: Keine Stadt, nirgends.

Zitat:
Bist du auf irgendwas stolz, das die Stadt in den letzten zehn Jahren aus sich heraus geschaffen hat? Was zeigst du einem Gast, der in München zu Recht den Wohlstandsmotor Europas vermutet? Du zeigst ihm den SUV-Stau und die Burnout-Visagen.


Lesen!


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  Und noch ein Wort zur heutigen Wahl in Frankreich:
Es ist schon ein großer Trost bei Wahlen, dass von mehreren Kandidaten immer nur einer gewählt werden kann!

(Mark Twain)
   
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Dienstag,
2. Mai 2017
In den Nachrichten höre ich, dass der Chef des VW-Konzerns, Matthias Müller, einen originellen Beitrag zur Lösung der Dieselproblematik leisten will. Er sagte, das Image des Diesels müsse verbessert werden.

Und ich dachte in meiner Naivität immer, man müsste den Schadstoffausstoß verringern.



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Montag,
1. Mai 2017

Die alten Tagebücher

27. 9. 1979 (2)

morgens

Vor einem freien Tag – Gott sei Dank! Das kotzt mich schon wieder so an, dieses Taxifahren. Diese besoffenen, hirnlosen, eitlen Idioten mit mir auf engstem Raum, die alle denken, sie seien etwas Besseres als ihr Fahrer! Sie gehen mir diesmal viel mehr auf die Nerven als früher, ich trage meine Nerven wohl auch dichter unter der Haut. Aber: ich habe nachgezählt, und schon sind 1000 Mark auf der Seite, nach acht Arbeitstagen nicht schlecht. Vor allem dann ein guter Schnitt, wenn ich etwa meinen Verbrauch an Geld in Bardou damit vergleiche.
Griechisch wieder auffrischen ist mühselig.
Die Romane der Reventlow angefangen. Sie schreibt so richtige Sachen: "Bei jeder besseren amourösen Angelegenheit sollten Anfang und Ende überhaupt nicht so scharf umrissen sein." (aus: "Von Paul zu Pedro", 3). Sie hat's ja, als sie vor fast 70 Jahren ihre Ansichten schrieb und lebte, noch viel schwerer gehabt, als emanzipierte Frauen (und Männer!) heutzutage.
(...)
Fühle mich in der Pariser Straße nicht recht zu Hause und will es wohl auch nicht. Das Zimmer in der WG ist nicht sehr schön und ich habe weder Zeit noch Lust, das zu ändern. Will ja keine Wurzeln schlagen (bloß nicht!) und bin außerdem eh kaum daheim, was soll's also.
Jetzt, wo's ans Wegfahren geht, ans Große Reisen, kommen mir manchmal Überlegungen zu meiner späteren Seßhaftigkeit in den Sinn, das zukünftige Leben auf dem Lande, der Hof, die Landwirtschaft, die Tiere, der Garten, alles das, was mein Traum für "nachher" bedeutet, der Traum, der sich in den Monaten in Bardou deutlich konkretisiert hat, Gestalt angenommen und an Festigkeit gewonnen hat. Ich weiß sehr viel genauer, was ich will, als noch vor einem halben Jahr.
Aber ist diese Beschäftigung mit dem Seßhaften, Ortsgebundenen, ist sie vielleicht auch eine Abwehr gegen das bevorstehende Vagabundenleben? Eine Angst vor der Ungebundenheit?
(...)

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Sonntag,
30. April 2017




Bilder von unterwegs

Flüchtlinge, wohin man schaut. Nicht einmal die Henne hat einen ruhigen Platz zum Brüten gefunden, weil ihr die Kolleginnen ständig Eier dazwischenlegen. Die Kälber waren so freundlich, ihr in der Futterraufe Asyl zu gewähren.
Asyl im Kälberstall
      Solidarität im Stall:
Die Kälber geben der Bruthenne Asyl
       
  Politik-Nachlese der Woche

USA und Nordkorea: Spielst du (Kim Jong-un) mit deinen Raketen herum, schicke ich (Onkel Donald) dir ein paar Kriegsschiffe vor die Tür.

Israel: Sprichst du (Gabriel) mit den Schmuddelkindern (zwei kritischen Nichtregierungsorganisationen), rede ich (Bibi Netanjahu) nicht mehr mit dir.

In Kindergärten lehrt man die Kleinen heute, wie sie mit Konflikten so umgehen können, dass der Streit deeskaliert und eine konstruktive Lösung gefunden werden kann. Vielleicht müssen einige Politiker noch einmal in den Kindergarten gehen? Die internationale Politik sollte besser von der Infantilisierung, deren Fortschreiten seit langem in vielen Bereichen der Gesellschaft zu beobachten ist, freigehalten werden.
   
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Mittwoch,
26. April 2017
Heute Morgen gab es so einen merkwürdig hellen Schein vor dem Fenster. Ein Blick in den Garten und auch auf die andere Seite, von der Terrasse, sagt mir: Was ich sehe, passt nicht zum Datum – eines von beiden muss falsch sein.



 
Wer findet den Fehler? Wer findet den Fehler?

Was ist auf diesen Bildern falsch?
   
 

     
Außerdem: ich tauche wieder in meinen Job ein, der aus ständigem Reisen besteht. Eine neue Serie wird Bilder von unterwegs zeigen.

Folge 1: ein Hinweisschild aus Frankreich (rechts). Im Alkoholkonsum liegen die Franzosen deutlich vor den Deutschen. Dies ist vermutlich der Grund, warum man in Frankreich spezielle Dienstleistungen für Trinker eingerichtet hat. Vielleicht sollte man sich auch in Deutschland überlegen, ob man nicht zu bestimmten Anlässen (ich denke an das Münchner Oktoberfest) etwas Ähnliches anbieten könnte.



Dienst am Trinker
      Vorbild Frankreich:
Dienst am Trinker
 


Den ersten Teil des Schreibprojekts über das Böse ( "Die Wegwerfwelt") fertiggestellt und bei einem Literaturwettbewerb der Katholischen Kirche in Wiesbaden eingereicht. Titel dieses Teils: "Wir sind nicht auf der Welt, um glücklich zu sein – Das Böse als konstituierendes Element der Welt".
   
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Dienstag,
18. April 2017
Verfassungsreferendum in der Türkei

Die Hälfte der türkischen Wähler (51,4 Prozent) hat für Erdoğans Ermächtigung gestimmt. Die geschätzte Wahlbeteiligung (genaue Zahlen sind noch nicht bekannt) lag laut den "Deutsch-Türkischen Nachrichten" von heute bei 87 Prozent, das heißt, höchstens 45 Prozent der Wähler haben für die Verfassungsänderung gestimmt.

Präsidentschaftswahl in den USA 2016: Weniger als die Hälfte der amerikanischen Wähler (popular vote) haben für Trump gestimmt hat (46,1 Prozent [Clinton: 48,2 Prozent!]), bei einer Wahlbeteiligung von 60 Prozent, d.h. nur 28 Prozent der Amerikaner wollten ausdrücklich ihn zum Präsidenten.

In Ungarn haben 2014 44,9 Prozent der abgegeben Stimmen genügt, um der Fidesz-Partei von Viktor Orbán zwei Drittel der Parlamentssitze zu bescheren (Wahlbeteiligung 62 Prozent, d.h. 28 Prozent haben Orbáns Partei gewählt).

In Polen haben 2015 der PiS-Partei 37,6 Prozent gereicht, um die absolute Mehrheit der Parlamentssitze zu erlangen (Wahlbeteiligung 51 Prozent, d.h. 19 Prozent haben die PiS gewählt).

Angesichts dieser Zahlen fragt man sich, woher diese Figuren ihre Legitimation nehmen. Die Zahlen zeigen aber auch, dass manchmal die Dinge anders laufen könnten, wenn mehr Menschen zur Wahl gehen würden.

Das Land zu spalten ist das Ziel dieser Volks(ver)führer. Dann lässt sich umso leichter durchregieren. Nach über einem Jahrhundert haben die Türken wieder einen Sultan.



Reichstagswahl 31. Juli 1932: Die NSDAP kommt auf 37,3 Prozent, bei einer Wahlbeteiligung von 84,1 Prozent, d.h. 31 Prozent der deutschen Wähler haben Hitlers Partei gewählt. Der weitere Verlauf der Geschichte ist bekannt. Für das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 stimmten (teilweise unter großem Druck) 69 Prozent der Reichtagsabgeordneten.



Sultan Recep Tayyip
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Sonntag,
16. April 2017
Ostern in der Kratzbürste



 
Brennholz vom Abriss ... ... nährt das Grillfeuer ... ... für die Lammkoteletts Und für Romantik bleibt noch mehr als genug übrig


Unsere Großbaustelle hat uns eine Unmenge an Brennholz beschert: alte Balken, Deckenspaliere, Türzargen ... Nur wenig davon verfeuern wir in der Heizung, wir brauchen ja etwas fürs Osterfeuer. Und da hier seit über vierzig Jahren nur baubiologisches Material verwendet wird, gibt es auch kein Risiko für die Koteletts (von den eigenen Lämmern).
  Konzentriertes Arbeiten am Kratzbürstenostergrillfeuer
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Mittwoch,
12. April 2017
Paradieswechsel. Ich danke den Freunden, die mich so herzlich aus dem einen Paradies verabschiedet haben und denen, die mich ebenso herzlich im anderen Paradies willkommen geheißen haben.

Den Frühling darf ich jedes Jahr zweimal genießen.

 
Frühling in Bardou 1 Frühling in Bardou 2 Frühling in Bardou 3 Frühling in Bardou 4

Frühling Nr. 1

   
 
Frühling in der Kratzbürste 1 Frühling in der Kratzbürste 2 Frühling in der Kratzbürste 3 Frühling in der Kratzbürste 4

Frühling Nr. 2
   
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Donnerstag,
6. April 2017

Die alten Tagebücher

27. 9. 1979


(...)
Sich aufs Bett legen und die Decke über den Kopf ziehen verändert die Dimensionen der Welt.

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Sonntag,
2. April 2017
Der Kirschbaum hinter meinem Haus macht mir Kopfzerbrechen. Er blüht, wie er das zu dieser Jahreszeit immer tut, aber er hängt über und über voll mit verdorrten Blättern des Vorjahres. Ich habe das noch nie bei Kirschbäumen beobachtet. Ob er sich langsam verabschiedet? Ein anderer, der ein Stückchen weiter oben im Gelände steht und sicher noch aus der Zeit vor der Neugründung Bardous stammt, hält nicht seine alten Blätter, sondern die Reste der vorjährigen Früchte fest. Offenbar fällt es nicht nur den Menschen schwer, vom Althergebrachten loszulassen.

 
Blüht mit den verdorrten Blättern des Vorjahres Blüht mit den Kirschkernen des Vorjahres
Blüht mit den verdorrten Blättern des Vorjahres Blüht mit den Kirschkernen des Vorjahres
   
 

Überhaupt die Kirschbäume: mit diesem Exemplar (rechts) habe ich einiges gemeinsam: er ist ebenfalls (mindestens) siebzig Jahre alt – wenig gepflegt, aber (noch) recht lebendig.
  Steinalter Kirschbaum
      Steinalter Kirschbaum
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Samstag,
1. April 2017
Darauf habe ich gewartet ()! Auf eine Idiotie folgt die nächste:
Voilà – le Frexit!

(Leider kein Aprilscherz)

Der Kandidat für den Frexit: François Asselineau
      Der Kandidat für den Frexit: François Asselineau, Vorsitzender der von ihm gegründeten Union Populaire Républicaine (UPR)
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