Wie kommt der Geist in die Materie? Das Rätsel des Bewusstseins |
C.H.Beck |
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Zwar ist es das grundsätzliche Anliegen dieser Rubrik, Bücher vorzustellen, deren Lektüre ich vorbehaltlos empfehlen möchte, Colin McGinns Buch weicht aber insofern von dieser Definition ab, als ich seine Ansichten über das Verhältnis zwischen Geist und Materie ganz und gar nicht teile. Der Grund, warum ich das Buch dennoch hier erwähne, ist, dass es einen Einblick in die zeitgenössische Diskussion über diesen Themenbereich erlaubt, auch, oder vielleicht gerade weil McGinn als Philosoph hier eher eine Außenseiterrolle einnimmt. Sein Außenseitertum geht aber leider nicht soweit, dass er sich grundsätzlich über jene Barriere hinweghebt, die alle Naturwissenschaftler – einschließlich der ihnen verbundenen Philosophen – von einem vorurteilsfreien Denken über den Geist trennt. Man glaubt in McGinn geradezu einem Wiedergänger von Emil du Bois-Reymond zu begegnen, jenem Wissenschaftspapst des 19. Jahrhunderts, der für sich, seine Kollegen und für alle Zeiten eine wissenschaftliche Erkenntnis des Geistigen ausgeschlossen hat. "Über die Grenzen des Naturerkennens" hieß sein berühmt gewordener Vortrag von 1872, den er mit dem Ausruf Ignorabimus! ("Wir werden es nicht wissen!") beschloss. Gemeint war, dass der Mensch niemals in das Geheimnis des Geistes und wie dieser sich zur physischen Materie verhält wird eindringen können. Folgerichtig betitelt McGinn auch eines seiner Unterkapitel "Grenzen unserer Erkenntnis". Seine These ist – wie die du Bois-Reymonds – dass das menschliche Gehirn so konstruiert ist, dass ihm das Begreifen seiner selbst, das heißt, auf welche Weise es das Bewusstsein hervorbringt, verwehrt bleiben muss. Und genau in dieser Formulierung ist schon der Grundirrtum verborgen: nämlich dass es das Gehirn ist, welches Bewusstsein hervorbringt. An keiner Stelle zieht McGinn dies in Zweifel. Alles, was ihm eine außer- oder prämaterielle Existenz des Geistes nahe legen könnte, verweist er in ein Reich des "Übernatürlichen", mit dem er nichts zu tun haben möchte. Wie du Bois-Reymond schiebt er dieses Thema weit von sich und aller ernsthaften Wissenschaft weg. Dabei unterliegt er schlicht dem Irrtum, das "Natürliche" auf das zu beschränken, was der Naturwissenschaft bisher als zugänglich erschienen ist. Und da das nun mal die Materie ist, beißt sich die Katze somit in den Schwanz. Bei manchen Kapiteln möchte man ihm geradezu in die Schuhe helfen, so krampfhaft erscheint mir sein Versuch, von offensichtlichen Tatsachen geistiger Natur wegzuschauen. Ich staune immer wieder, mit welcher Hartnäckigkeit die Naturwissenschaft (und mit ihr der Mainstream der Psychologie und Philosophie) alle spirituellen Ansätze einer Erkenntnisgewinnung übersieht. So als ob ![]() ![]() ![]() | |||||
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