WERNERS BLOG

(Links zu allen Einträgen: siehe linke Spalte)

Ein Klick auf die Bilder vergrößert sie
  Zeichnung: Wilhelm Busch


Freitag,
5. Oktober 2018
Diesen Tag darf man einen guten Tag nennen, aus mehreren Gründen. Erstens hat das Oberverwaltungsgericht Münster der Klage des BUND gegen die Rodung des Hambacher Forsts insoweit stattgegeben, als das Gericht verfügt hat, dass RWE die Rodung vorerst nicht weiterbetreiben darf. Denn diese würde Tatsachen schaffen, die einer späteren Entscheidung zuwiderlaufen könnten. RWE habe nicht zeigen können, so das Gericht, dass die Rodung des Hambacher Forsts für eine sichere Energieversorgung nötig sei, heißt es in der Begründung. Eine Ohrfeige für die RWE nennt der Deutschlandfunk diese Entscheidung. Der Wald bleibt also erstmal stehen, und bis in der Hauptsache entschieden sein wird, dürfte eine längere Zeit vergehen.

Zweitens: Das Verwaltungsgericht Aachen hat das von der Polizei verhängte Verbot der Demonstration am morgigen Samstag aufgehoben. Die Naturfreunde Deutschland hatten einen Eilantrag gestellt, dem das Gericht mit der Begründung stattgab, es spreche "Überwiegendes" dafür, dass das von der Aachener Polizei ausgesprochene Verbot rechtswidrig sei ( tagesschau.de). Noch eine Ohrfeige.

Drittens: Der Aktienkurs von RWE stürzte um mehr als acht Prozent ab. Die RWE-Aktien waren mit Abstand der größte Verlierer des Tages. Anlass: der Konzern musste aufgrund der Gerichtsbeschlüsse eine sogenannte Gewinnwarnung herausgeben. Dazu sind Aktiengesellschaften verpflichtet, wenn Ereignisse eintreten, die den erwarteten Gewinn fraglich erscheinen lassen (Quelle: finanzen.net)

Warum zähle ich diesen Kurssturz zu den guten Nachrichten des Tages? Weil er vielleicht dazu beitragen kann, dass sich Leute, die ihr Geld in Aktien anlegen, Gedanken darüber machen, welcher Art die Firmen sind, deren Anteile sie kaufen. Und eventuell eine ethische Geldanlage in Betracht ziehen. RWE gehört mit Sicherheit nicht in diese Kategorie.

Was sagen uns die Ereignisse des heutigen Tages?

Konzerne und Polizei, man muss das leider so formulieren, scheuen sich in Deutschland nicht, ungesetzlich zu handeln. In aller Offenheit und Überheblichkeit. Sie müssen erst durch Gerichte auf den legalen Weg zurückgestoßen werden. Zum Glück haben wir noch Gerichte, die unabhängig urteilen.


   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Sonntag,
30. September 2018
Das Thema wird uns noch eine Weile beschäftigen: Die Rodungen im Hambacher Forst. Der freie Journalist Oliver Scheel hat am 18. September auf wetter.de einen Kommentar zum Thema veröffentlicht, im dem er wesentliche Fragen stellt, vor allem nach der Rolle der Politik. Mit seiner Genehmigung (vielen Dank, Herr Scheel) zitiere ich den Artikel:

Blog vom 18. September 2018: Die Art und Weise, wie die Politik mit der Räumung des Hambacher Waldes vorgeht, wirft viele Fragen auf

Im Hambacher Wald wird weiter geräumt. RWE scheint wild entschlossen, die Rodungssaison 2018 nicht wieder verstreichen zu lassen, sondern die kümmerlichen Reste des einst stolzen Hambacher Waldes zu roden. Bis zum 1. Oktober könnten alle Baumhäuser im Wald Geschichte sein und dann kommen die Sägen. Die Art und Weise, mit welcher Vehemenz dieser Einsatz durchgeführt wird, wirft aber viele Fragen auf.

Warum verbrennen wir im Hochtechnologieland Deutschland im 21. Jahrhundert immer noch schmutzige Braunkohle? Warum holzen wir, obwohl wir um den enormen Wert unserer Wälder wissen, weiter ab? Warum lässt man RWE gewähren, obwohl die Kohle-Kommission derzeit tagt? Was ist von einer Kommission überhaupt zu erwarten, die aus dem Wirtschaftsministerium geführt wird? Wieso sind in der Leitung der Kommission mit Matthias Platzeck und Stanislaw Tillich zwei bekennende Kohlebefürworter? Wo sind eigentlich die Politiker, die aus ihrem Elfenbeinturm in der Düsseldorfer Staatskanzlei die Demonstranten verteufeln? Wo ist NRW-Innenminister Herbert Reul, der die Aktivisten in die Nähe der G20-Randalierer aus Hamburg rückte? Was ist Ina Scharrenbach eigentlich für eine NRW-Heimatministerin, wenn sie die Heimat wegbaggern lässt? Wie viele Windräder hätte man für die Kosten des Polizeieinsatzes schon bauen können?

Würden sich die Reuls und Scharrenbachs mal auf den Weg nach Buir machen, würden sie sehen, dass aus allen gesellschaftlichen Schichten Menschen gegen diesen Irrsinn eintreten. Aus wirklich allen. Dörflich, urban, jung, alt, aus Initiativen, Parteien, Verbänden und Familien. Die Politik verspielt gerade sehr viel Kredit. Entweder sind die Damen und Herren wirklich der Welt entrückt oder sie kneifen einfach die Augen zu und hoffen, dass der Spuk bald vorbei ist. Doch der wird nicht vorbei gehen. Das Thema Klimaschutz ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen und es werden täglich mehr Bürger, die sich die Unverantwortlichkeiten der Politik nicht länger bieten lassen wollen. Nur hat das die Politik scheinbar immer noch nicht begriffen.

Mittlerweile weiß man: Die Verstromung von Braunkohle verursacht enorme Kosten, die nicht im Strompreis enthalten sind, sondern die stattdessen von der Gesellschaft getragen werden müssen. Besonders genannt werden muss an dieser Stelle der Gesundheitsbereich, denn außer dem CO2 werden Feinstaub, Quecksilber und andere Schadstoffe in die Atmosphäre geblasen, die Menschen noch in 1.000 Kilometer Entfernung nachweislich krank machen. Zudem muss die öffentliche Hand Teile der Umsiedlung der Menschen bezahlen und es gibt nichtquantifizerbare Kosten wie psychosoziale Kosten der Umsiedlung und den Verlust von Bodenvielfalt und Bio-Diversität.

Dass die Demonstranten am Hambacher Tagebau so kriminalisiert werden, ist ein ganz trauriges Zeichen. Schließlich kämpfen sie auch für die Gesundheit und die Atemluft von Politikern, RWE-Managern und deren Kinder.

(Quelle: wetter.de – mehr dazu bei www.wetter.de)
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
  Und noch ein Bild von der Schönheit des Herbstes (MEINER Jahreszeit).   Blick von der Terrasse
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Sonntag,
23. September 2018
Endlich, endlich scheint diese abstruse Causa Maaßen ihr Ende zu finden. Unglaublich, wie lange die Koalition damit Zeit vertan hat. So kann man sich auch ums Regieren drücken. Was für ein Geschachere in den letzten Tagen und Wochen: Was machen wir mit Maaßen? – Ha! Wir loben ihn weg, lassen ihn die Treppe hinauffallen und machen ihn zum Staatssekretär! Genial! – Dann ein Aufschrei (von Seiten der Öffentlichkeit): das ist ja eine höhere Besoldungsklasse! Da wird er für seine unsäglichen Bemerkungen noch befördert! Also noch einmal Spitzengespräche (man hat ja sonst nichts zu tun) und schließlich die Lösung: gleiches Gehalt, neuer Posten: Sonderberater für europäische und internationale Aufgaben im Innenministerium soll Maaßen werden. Man wird sehen, ob er auch da Schaden anrichten wird. Jedenfalls ist er erst mal versorgt.

Das Ganze findet über den Kopf des Betroffenen hinweg statt. Maaßen hat keine Chance, sein Schicksal mitzubestimmen. Recht so!, kann man sagen (und sage ich auch), selber schuld. Aber genau das ist es, was ich so interessant an dem Theater finde: Ist einer erst mal Beamter (und sehr viele Menschen finden die Verbeamtung allen Ernstes ein erstrebenswertes Ziel), hat er einen Großteil seiner persönlichen Freiheit, auf jeden Fall die Entscheidungsfreiheit über seinen weiteren Berufs- und Lebensweg an der Garderobe abgegeben und darf sich herumschubsen lassen, nach Laune seiner Vorgesetzten. Im Tausch gegen ein sattes Gehalt und auskömmliche Altersbezüge (und vielleicht das subjektive Gefühl, irgendwo ein bisschen wichtig zu sein).

Vor gefühlten tausend Jahren (von Mai 1977 bis Februar 1978) war ich für ein Dreivierteljahr lang Beamter auf Probe, als Lehramtsanwärter in einem Dorf in Niederbayern. Die in Aussicht gestellte Verbeamtung schwebte wie ein "Lebenslänglich" über mir. Als ich meinen Vorgesetzten (den Rektor der Grundschule, an der man mich unterrichten ließ) fragte, wie ich es denn anstellen müsste zu kündigen, wusste er zuerst keinen Rat. Ein solches Ansinnen war ihm bis dahin nicht untergekommen. Schreiben Sie es halt irgendwie formlos auf, sagte er. Was ich dann auch machte.

Seither bin ich wieder frei. Und dass ich in absehbarer Zeit mich um die Grundsicherung im Alter bemühen muss, ist zwar einerseits eine Konsequenz aus diesem Schritt, ein Preis für die lebenslange Freiheit, andererseits aber wird mir das Leben in Altersarmut einigermaßen leichtfallen (vermute ich). Es gibt nichts zu bereuen. Meine persönlichen Lebensumstände (jetzt und in den vergangenen tausend Jahren) waren/sind so viel mehr wert als beamtenhafte Wichtigkeit und niemals mit einer dicken Rente aufzuwiegen.



   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Samstag,
22. September 2018
Die alten Tagebücher

2. Mai 1980

Ortswechsel: mit dem Zug nach Alexandria
(...)

Seit gestern nachmittag in Alexandria. Selten hat mich eine Stadt so geschockt. Vorbereitet auf mediterrane Schönheit (Durrells Romane) fallen wir in arabisch-anatolisches Chaos. Der Bahnhof Alexandria ist ein Graus. Der Typ an der Gepäckaufbewahrung ist ein mieser Amtsarsch, der zwar Ziegen und Hühner beaufsichtigt, sich aber bei unseren Rucksäcken anstellt wie eine Jungfrau.

Rings um den Bahnhof die übliche Anmacherei, hier noch aufdringlicher, noch widerlicher. C. kriegt einen kleinen Anfall. Wir beschließen, ein Taxi zum "Swiss Cottage" zu nehmen, das uns Carola und Ute empfohlen haben. Der Taxifahrer, ein alter Trottel, zu dem ich anfangs mehr Vertrauen habe als zu den jungen Schnöseln und Gaunern, die hier die Taxis steuern, erweist sich als Dorfdepp, fährt uns zuerst zur Touristeninformation, dann zu irgendeiner Absteige in der Nähe, will dann bis Glim (Stadtteil, wo das Swiss Cottage liegt) 3 Pfund )*. Taxiwechsel. Der Nächste hält an der Jugendherberge (wir haben Rucksäcke!), holt sich dann dort die richtige Adresse und ist dann sauer, weil's soweit raus ist und der Fahrpreis vorher schon ausgemacht war (1 Pfund, eh überbezahlt). Swiss Cottage hat kein Zimmer frei, der Typ an der Rezeption, Aziz, ist aber freundlich und hilfsbereit, morgen wäre was frei, empfiehlt uns andere Hotels für die Nacht, z.B. Derwisch. Das heißt einige Stationen im überfüllten Bus Richtung stadteinwärts (was heißt "einwärts" - "auswärts": die Stadt ist ein endloser Schlauch den dreckigen Strand entlang, 20, 30 Kilometer vielleicht, ein hässlicher Betonstall neben dem anderen). Das Derwisch hat einen arroganten Manager, hässliche winzige Zimmer zu wahnsinnigen Preisen (7 Pfund). Wir machen kehrt, latschen endlos die El Giesch zurück, am Puff Blue Riviera vorbei, finden dann das "Nobel", das uns wieder aufrichtet. Freundlicher Empfang, angenehmes Zimmer, normale Preise (Zi. mit Dusche und Klo mit Frühstück 4,85). Abendessen dort, wir wagen uns nicht mehr raus in diese Traumstadt (Alptraumstadt). Fisch (gut) mit Salat und Bier. Gut geschlafen.

Wir haben das Bedürfnis, aus diesem Land so bald als möglich fliehen zu müssen. Gestern in Kairo schon Flug nach Barcelona für Dienstag reservieren lassen, haben jetzt aber beschlossen, nach München zu fliegen, wenn's geht, sogar noch früher, vorausgesetzt, wir kriegen Studentenermäßigung.

Jetzt, vormittags Kaffee im Swiss Cottage, wir warten auf unser Zimmer.

Unangepasstheit an die Umgebung, die Isolation des Touristen.



)* Im Mai 1980 war ein ägyptisches Pfund etwa 2,50 DM wert.

   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Sonntag,
16. September 2018
Nach den langen Zeiten des Umbaus in der Kratzbürste war es jetzt an der Zeit, das Ergebnis groß zu feiern, vor allem auch als Dank an alle Beteiligten: an erster Stelle an Johannes, den Bauleiter und an die tausend helfenden Hände, die zum Gelingen beigetragen haben. Wir haben ein wunderbares neues Haus bekommen. Und sowieso war wieder einmal ein großes Fest fällig.

Die einhellige Meinung: nicht nur der Umbau, auch das Fest ist großartig gelungen.



Das Hoffest 2018
      Zur Bildergalerie
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Donnerstag,
13. September 2018
Auch wenn es in vielen Gegenden immer noch sommerlich warm bis heiß ist, kommt der Herbst unaufhaltsam (gottseidank, endlich, aber das sage ich nur ganz leise, damit's keiner hört und mich für einen Irren hält). Im Garten stehen als schönstes Symbol der Jahreszeit die Sonnenblumen. Ich kann ihnen von den Fenstern meiner Wohnung aus (die im ersten Stock liegt) von Angesicht zu Angesicht entgegenschauen – sie sind in diesem Jahr ungefähr dreieinhalb Meter hoch gewachsen. Ich hab's schon einmal () gesagt: in diesem Jahr wächst alles wie blöd.



 
Sonnenblumen – aus dem ersten Stock von Angesicht zu Angesicht Sonnenblumen – aus dem ersten Stock von Angesicht zu Angesicht
Auf Augenhöhe mit den Sonnenblumen
   
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Sonntag,
2. September 2018




Bilder von unterwegs (10)

Entdeckt im Umfeld eines Waldorf-Kindergartens in Freiburg
Schlimme Drohung an Waldorfeltern
      Schlimme Drohung an Waldorfeltern
      Spielplatz Brunnen
      Spielplatz Brunnen
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
  Und dann das noch. Dabei fiel mir die Zurechtweisung durch die Kellnerin vor ein paar Jahren in einem anderen Chinarestaurant ein.   Esse ich zu schnell?
      Esse ich zu schnell?
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)

Samstag,
25. August 2018
Wie ich höre (), verzeichnet die Computer- und Video-Spielemesse "Gamescom" einen neuen Besucherrekord. Rund 370.000 Menschen kamen in die Kölner Messehallen, mehr als tausend Aussteller stellten ihre Produkte (Computer- und Videospiele) vor, 13 Prozent mehr als im Vorjahr.

Mir ist ein Buch des Psychologen und Philosophen Carlo Strenger in die Hände geraten (danke, Katharina), und ich erlaube mir, daraus zu zitieren:
Wer braucht schon die proletarische Revolution, wenn die "Proletarier" ein iPhone, einen 50-Zoll-Flachbildfernseher mit Hunderten Kanälen und eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio haben? Der Letzte Mensch ist nur noch damit beschäftigt, Risiken so weit wie möglich zu minimieren, bis auch Extremsport versicherungstechnisch abgedeckt ist und das Leben zu einem Exerzitium der Schadensvermeidung wird, das es nach Möglichkeit gesund und ohne größere Zwischenfälle hinter sich zu bringen gilt. Politik wird auf die Kunst des reibungslosen Managements reduziert. Die Debatte wird komplett von Wirtschaftsthemen dominiert. Steuersätze und Sozialversicherungsbeiträge, minimale Veränderungen in der Vermögenshierarchie, Stabilisierung der Währung und Abbau der Arbeitslosigkeit – das sind in allen Wahlkämpfen die Schlüsselthemen. Der Letzte Mensch90 will keine große Geschichte mehr machen oder erleben: Die bedeutet am Ende nur Instabilität, bringt die Rentenkasse ins Ungleichgewicht und gefährdet die geplanten Ferien in der Karibik sowie die Anschaffung des neuen Wagens.91
Friedrich Schiller verstand das Spiel als Weg zur Entwicklung der menschlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Der Mensch sei nur dort ganz Mensch, wo er spiele, meinte Schiller in seinen Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen92. Veranstaltungen wie diese Messe bedeuten aber eher das Gegenteil: ich halte sie für ein Symptom der grassierenden Infantilisierung unserer Gesellschaft (auf die ich schon mehrmals hingewiesen habe: , ). Sie sind Kennzeichen eines Freiheitsverlusts.

Sind die Bürger liberaler Staaten dazu verdammt, apathische Letzte Menschen zu werden, die neben Risikomanagement, Erfolg und Fun keine existenziellen Passionen mehr haben? fragt Carlo Strenger.

90 Strenger bezieht sich hier auf Friedrich Nietzsches "Zarathustra":
So will ich ihnen vom Verächtlichsten sprechen: das aber ist der letzte Mensch (...) Man wird nicht mehr arm und reich: Beides ist zu beschwerlich. Wer will noch regieren? Wer noch gehorchen? Beides ist zu beschwerlich.
()

91Strenger, Carlo: Zivilisierte Verachtung, Berlin 2015, S. 88f.

92Schiller, Friedrich: Ueber die ästhetische Erziehung des Menschen, in einer Reihe von Briefen. Fünfzehnter Brief [1795] ()
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Dienstag,
21. August 2018
Da Deutschland (im Gegensatz zu Großbritannien, siehe hier ) noch immer kein Ministerium für Einsamkeit hat, nehmen manche Menschen kurz entschlossen ihr Schicksal in die eigene Hand.

Hier ein Beispiel vom Anschlagbrett eines Supermarkts.



Suchanzeige im Supermarkt
      Suchanzeige im Supermarkt
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Montag,
13. August 2018
Die alten Tagebücher

25. April 1980

Zwar steht noch der Besuch in Luxor bevor, schon machen wir aber (im Zoo von Kairo) Pläne zur Rückkehr nach Europa.
ألمانيا – Ich kann mein erstes arabisches Wort schreiben (Deutschland), wahrscheinlich wirds auch das einzige bleiben, ich mach nur den Brief- und Postkartenempfängern zu Hause gern die Freude, ein Γερμανία, גרמניה oder eben ألمانيا zu entdecken. Kleinen arabischen Sprachführer entdeckt, in der Deutschen Buchhandlung Lehnert & Landrock auf der Rückseite unseres Blocks.

Einen wunderschönen Nachmittag im Zoologischen Garten verbracht (Eintritt: 5 Piaster), die meiste Zeit an einem Tisch in einem kleinen Café gesessen, an einem stehenden Gewässer, unter den großen Blättern einer Fächerpalme, ringsum viele Bäume, fast alle unbekannt (aßer Eukalyptus, Rattan und den Palmen), ein friedlicher Ort. Sonst: viel Betrieb im Zoo, die Sonntagsnachmittagsbeschäftigung der Kairoer scheint zu sein, in den Zoo zu gehen, gesamte Familie, dort zu picknicken oder Ball zu spielen, Musik zu hören und herumzulaufen und -sitzen. Manche haben uns mit den ausgestellten Tieren verwechselt.

Neue Pläne geschmiedet, Alternative München oder Bardou zugunsten Bardous entschieden. Wahrscheinlich (100% ist bei uns ja sowieso erst, wenn wir's Ticket in der Tasche haben) Flug oder Schiff nach Spanien oder Portugal, alles eigentlich wie schon lange vorgehabt, halt unter Auslassung der anderen nordafrikanischen Länder. Außerdem reicht dafür unser Geld wahrscheinlich nicht mehr, wir werden uns welches nach Bardou schicken lassen müssen.

Idee, dort Hühner zu halten.

(...)
Luxor, 29. April 1980
(...)

Heute mit der Fähre (die billige, es gibt auch eine "Touristenfähre") über den Nil, zusammen mit dem amerikanischen Paar nach langen zähen Verhandlungen ein Taxi gemietet, Tal der Könige besucht (Amenophis II, Ramses IV, Tut-ench-Amon). Teuer. Brütend heiß, grelles Licht. Tempel der Hatschepsut, zwei Gräber der "Vornehmen" (Wandmalereien).

Mit der Fähre zurück, ein Bier am Nil, wir werden zu diversen anderen Bieren eingeladen, der Nachmittag endet mit einer Bootsfahrt zur Bananeninsel, zwei reiche angesoffene Ägypter laden vier arme Reisende ein. Bananeninsel ist ein traumhafter Ort.
(...)

   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Sonntag,
12. August 2018




Bilder von unterwegs (9)

Neulich auf der Schwäbischen Alb: ein "Informations"plakat der chemischen Industrie.

Rezept: Man wähle ein Feld, auf dem robustes Unkraut (Beikraut, Wildkräuter ...) sich gegenüber den pflegebedürftigen Kulturpflanzen durchgesetzt hat. Das war in diesem Sommer kein Problem, man musste nur NICHTS machen, schon gar nicht hacken, striegeln oder ähnliche Maßnahmen ergreifen, die im ökologischen Landbau Standard sind. Dann schreibe man einen Text wie den gezeigten auf ein Schild und stelle es am Feldrand auf. Dabei streue man Worte wie Schutz, ganzheitlich oder sicher in den Text. Fertig ist eine "Information" über die Unentbehrlichkeit von chemisch-synthetischem Pflanzenschutz.
Plakat der "Pflanzenschützer"
      Plakat der "Pflanzenschützer"
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Samstag,
4. August 2018
Bilder von unterwegs (8)

Deutschland ist Europameister beim Verpackungsmüll. Diese Nachricht ging vor ein paar Tagen durch die Medien, z.B. hier. Kurz danach finde ich im Bad meines Hotelzimmer sowas:
Wegwerf-Zahnputzbecher aus Plastik, in Plastikfolie eingepackt
      Wegwerf-Zahnputzbecher aus Plastik, in Plastikfolie eingepackt
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Sonntag,
29. Juli 2018
Wieder drehe ich beim Zubereiten des Frühstücks das Radio an, Sonntagsgottesdienst, ohne Erwartungen. Doch anders als bei früheren Gelegenheiten erlebe ich eher angenehme Überraschungen: ich höre einen Text über den Sommer von Hanns Dieter Hüsch (... leise Monate. Dass er das Geschrei aus der Welt nimmt und Stille verordnet ... Dass er den Kriegern das Handwerk aus den Händen nimmt ...), eine wunderbare Interpretation von Gershwins Summertime (... one of these mornings you gonna rise up singing then you spread your wings and you take to the sky ...) und eine Stelle aus dem Matthäusevangelium, die ich sehr schätze und deren Gehalt wir uns alle mehr zu eigen machen sollten:
... Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch ... Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen ...
Und sogar in der Predigt der Pfarrerin tauchen Sätze auf wie: ... ich genieße, was der Augenblick mir bietet.

Geht doch, möchte man sagen. Zeit meines Lebens habe ich mich an solche und ähnliche Grundsätze gehalten, oft mit Zweifeln, ob ich das Richtige tue. Jetzt, da ich in absehbarer Zeit (trotz lebenslanger Arbeit) der Altersarmut in Form der sogenannten Grundsicherung im Alter entgegensehe (natürlich eine Folge dieses Lebensstils), weiß ich, dass es recht war, so zu leben. Auch, weil ich mich von anderen Menschen getragen fühle. Und das ist viel wertvoller als eine dicke Rente.

Im Übrigen kam der Gottesdienst aus einer kleinen Kirche am Giesinger Berg in München, an der mich viele Jahre lang mein Schulweg vorbeigeführt hat.
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Sonntag,
22. Juli 2018
Gelegentlich entdeckt die Wissenschaft kuriose Dinge. Kann sein, dass es aber auch die Wissenschaftsjournalisten sind, die Entdeckungen kurios formulieren. Neulich jedenfalls hat wissenschaft.de, der Online-Dienst der Zeitschrift Bild der Wissenschaft, einen Artikel über den Vormenschen Paranthropus robustus veröffentlicht. Dabei handelt es sich um einen der Vorfahren des Menschen, dessen Linie aber wieder ausgestorben ist. Das Interessante an dem Artikel ist die Vermutung der Wissenschaftler, warum dieser Frühmensch ausgestorben sein könnte. Es heißt:
Dieser Zeitgenosse und enge Verwandte des Australopithecus lebte bis vor rund 900.000 Jahren im Einzugsgebiet des Limpopo-Flusses im Südosten Afrikas und besaß kräftige Kiefer und einen eher stämmigen Körperbau. Lange vermuteten Anthropologen, dass sich dieser Vormensch eher einseitig von Nüssen, Samen und anderen harten Pflanzenteilen ernährte – und deswegen letztlich ausstarb.
Träfe diese Vermutung zu, sollte man Vegetarier (mehr noch Veganer), die sich hauptsächlich von derartigen Dingen ernähren, nachdrücklich warnen. Weiter erwähnt der Artikel, man habe inzwischen herausgefunden, Paranthropus habe "durchaus zwischen Blättern, Kräutern und Samen einerseits und Gräsern andererseits" gewechselt. Das macht die Sache nicht besser. Pflanzliche Nahrung, so könnte man aus dem Artikel schließen, führt zum Aussterben.


   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Sonntag,
15. Juli 2018
Die alten Tagebücher

24. April 1980

Vier Tage nach der Ankunft in Kairo. Wenn Reisende in Südamerika von Verdauungsbeschwerden heimgesucht werden, nennt man das gerne Montezumas Rache. In Ägypten scheint es so etwas wie Kleopatras Rache zu geben.
Den gestrigen Tag mit Bauchweh und Scheißerei verbracht. Schuld daran war wohl weniger die ägyptische Küche, auch nicht das Wasser, das durchaus in Ordnung, halt gechlort ist, sondern die wilde Hineinschütterei eisgekühlter Getränke in den ersten Tagen. Also zur Strafe ins Bett. Vielleicht habe ich diesen Ruhetag auch psychisch gebraucht, um mich vom Fremdsein und dem Streß zu erholen, der mich so oft an fremden Orten überfällt, bis ich mich dann nach einigen Tagen mit der neuen Umgebung arrangiert habe.

Gelesen: Körner: Meine Frau ist gegangen, ein heilsames Buch für alle, die glauben, daß das Leben ein Verliebt-verlobt-verheiratet-Spiel ist. Wichtig für Männer.

Praktisch nichts gegessen, zum Frühstück Tee, ein bißchen am Brot gemümmelt, abends nur wenig Reissuppe gekocht. Die Kur hat mir sehr gut getan, heute wieder gesund.

Ausflug mit dem Bus (Linie 8 ab Tahrir Sq., 5 Piaster) zu den Pyramiden von Gizeh. Den ganzen Tag dort verbracht, genossen. Cheops-, Chephren- und Mykerinospyramide von innen und außen besichtigt, viele oft lästige Ägypter abwehren müssen, die einem ständig Kamel-, Esels- oder Pferderitte andrehen wollen oder kaltes Cola verkaufen wollen.

Man darf sich nicht vorstellen, die Pyramiden stünden einsam in der Sandwüste Ägyptens. Sie liegen am Stadtrand von Kairo (Gizeh ist westlich gelegene Vorstadt), gleich daneben ein 5-Sterne-Luxushotel mit Swimmingpool, die Bäume der Parks sind nahe, dazu Autos, Menschen, die Dunstglocke Kairos. Trotzdem: Eindrucksvolle, einmalige Bauwerke. Eine schier unfaßliche Fülle an gehauenen Steinquadern, fühlte mich an Berge erinnert. Bei der Chephren-Pyramide sind noch große Teile der Verkleidung zu erkennen (Granit, bei der Cheopspyramide Alabaster!). Verkleidet, glattpoliert und in der Sonne glänzend müssen sie fantastisch schön ausgesehen haben.

Die Grabkammern: Meditationsplätze in dumpfer Luft. Beim Rückweg zum Bus ein Trupp Neckermänner und -frauen auf Kamelen, eine fette deutsche Hausfrau fragt den neben ihrem Kamel hergehenden Ägypter: Sprechen Sie deutsch?, verbessert sich gleich, um ihren Standesunterschied zu betonen: Kannst du deutsch? Schlimm.

   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Samstag,
14. Juli 2018
Eigentlich wollte ich nichts mehr zu Donald Trump schreiben, gelegentlich ist die Versuchung aber doch groß. In der vergangenen Woche hat er auf dem Natogipfel in Brüssel allerhand Unverschämtheiten und Dummheiten losgelassen (wir sind inzwischen daran gewöhnt). Die Süddeutsche Zeitung hat am Donnerstag mit feinsinniger Bosheit reagiert. Sie veröffentlichte dieses Foto, und die Bosheit liegt in der Unterschrift, genauer: in dem, was in der Klammer steht.

Chapeau!



Wer ist der Außerirdische vorne rechts?
      Bildunterschrift in der SZ:
Die Kontrahenten: Angela Merkel und Donald Trump (vorne rechts) beim sogenannten Familienfoto des Nato-Treffens. (Foto: Ludovic Marin/AFP)
  Derweil wird in der Kratzbürste (am Arbeitssamstag!) schon wieder gefeiert
und die Bienen haben mit der Drohnenschlacht begonnen.
Mittagessen am Arbeitssamstag Drohnenschlacht
Die Kratzbürsten beim Mittagessen am Arbeitssamstag Drohnenschlacht: Arbeitsbienen werfen die Drohnen aus dem Stock, sie werden nicht mehr gebraucht. Drohnen können sich nicht selber ernähren und außerhalb des Volks nicht überleben.
   
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

Sonntag,
8. Juli 2018
Ein Wochenende (kein besonderes) in der Kratzbürste



 
Samstagmittag im Hof Samstagnachmittag im Hof Public viewing
Samstagmittag im Hof: Eis für alle Samstagnachmittag im Hof (schon wieder alle beim Feiern) Kratzbürsten-Public-viewing. Das Spiel England gegen Schweden findet nur sehr wenige Zuschauer
   
 
Sonntagmorgen: Schreck im Garten Bienenumzug 'sterzelnde' Bienen Silphie und Karde
Sonntagmorgen, Schreck im Garten: einer der alten Apfelbäume liegt am Boden. Er hat noch viele Wurzeln, wir lassen ihn erst mal so, vielleicht reifen die Äpfel noch aus. Bienenumzug. Die Bienenhaltung soll auf ein neues System umgestellt werden: von Zander auf Dadant (siehe hier). Unruhige Zeiten für die Bienen und den Imker. Hier scheint der Umzug geklappt zu haben: "sterzelnde" Bienen am Flugloch der neuen Beute (bedeutet: die Königin ist hier drin, kommt alle her!). Unterdessen wachsen die Silphie (Silphium perfoliatum) und die Karde (Dipsacus fullonum) in den Himmel. Beide haben schon zwei Meter erreicht (in diesem Jahr wächst alles wie blöd).
   
   ↑ nach oben

   ↓ nach unten (Anfang des Abschnitts)
       

zum Abschnitt Oktober – Dezember 2017 zum Abschnitt Januar – März 2018 zum Abschnitt April – Juni 2018
zum Abschnitt Juli – September 2017 zum Abschnitt April – Juni 2017 zum Abschnitt Januar – März 2017 zum Abschnitt Oktober – Dezember 2016 zum Abschnitt Juli – September 2016 zum Abschnitt April – Juni 2016
zum Abschnitt Januar – März 2016 zum Abschnitt September – Dezember 2015